Hitschmann, Friedrich: Gedanken über die Schönheit. In: Kürt, Camilla (Hrsg.): Wiener Hausfrauen-Zeitung, Nr. 4, S.33. Wien, 21. Januar 1894.
Online-Version: https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?aid=whz&datum=1894&page=37&size=45
Die Schönheit ist unphilosophischer Natur; denn bei ihr fallen Schein und Sein zusammen.
* * *
Keine Frau hält sich in Wahrheit für hässlich: wenn sie dies behauptet, thut sie es bloß, damit man ihr widerspreche.
* * *
Der Mann ist eitel auf seinen Verstand, die Frau auf ihre Schönheit, und dies zeigt immer noch von mehr Geschmack als jenes.
* * *
Die Schönheit ist das nothwendigste unter allen überflüssigen Dingen.
* * *
Die edelste Schönheit ist die, welche die Vornehmheit des Geistes wiederspiegelt, die mächtigste aber ist jene, welche selbst den Mangel an Seelenadel vergessen macht.
* * *
In der Kunst wirkt die Schönheit viel bedingter als in der Natur, weil sie hier geworden, dort nur gemacht ist.
* * *
Es gibt Frauen, welche nur darum schön sind, weil sie nicht wissen, dass sie es sind, und wieder andere, deren Schönheit gerade durch dieses Bewusstsein erst ihre Vollendung und Weihe erhält.
* * *
Die Schönheit der Geliebten mag immerhin den Ausgangspunkt, nie aber darf sie den Mittelpunkt der Liebe bilden.
* * *
Schön sein ist nicht nur ein Zustand, sondern auch eine Beschäftigung; ja manche Frau wird von derselben so sehr in Anspruch genommen, dass sie gar nicht die Zeit findet, daneben auch noch gut oder vernünftig zu sein.
Friedrich Hitschmann.