Hitschmann, Friedrich: Gedankensplitter. In: Kürt, Camilla (Hrsg.): Wiener Hausfrauen-Zeitung, Nr. 4, S.34. Wien, 27. Januar 1895.

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Album der Poesie.

Gedankensplitter.

Die Leidenschaften gleichen wohl dem Feuer,
Das, gut gehütet, herrliches vollbringt.
Allein, wenn es den Landen sich entringt,
Sich wandelt in ein furchtbar Ungeheuer.

* * *

Vom Dasein, das lebendig lodert,
Kehrt sich der grübelnde Pedant,
Ja, wären wir schon lang vermodert,
Dann wären wir ihm int'ressant.

* * *

Wer um den Weinberg sich bemüht,
Darf an der Frucht sich nicht ergötzen.
Und wer den Wein in Trägheit schlürft,
Weiß der die Gabe wohl zu schätzen?

* * *

Solange es Starke und Schwache gibt
Und Kluge und Dumme im Leben,
Solange wird es, zweifle nicht,
Auch Reiche und Arme geben.

* * *

Ich möchte mich gerne bemühen,
Nach Weisheit zu streben, doch wie?
Ich finde nur Philosophien,
Doch keine Philosophie.

Fr. Hitschmann.