Hitschmann, Friedrich: Sinnsprüche. In: Kürt, Camilla (Hrsg.): Wiener Hausfrauen-Zeitung, Nr. 35, S.298. Wien, 28. August 1892.
Online-Version: https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?aid=whz&datum=1892&page=294&size=45
Es glüht der Fels im Sonnenbrand,
Und nur des Auserwählten Hand
Entlockt ihm mit dem Wunderstabe
Der holden Quelle süße Labe.
Dem Felsen manche Seele gleicht,
Den Zauberstab erräthst du leicht.
* * *
Wer sich an jähem Trunk berauschte,
Schilt, dass der Wein ein schlechter ist;
Wer sich am Leben übersättigt,
Der wird zuletzt ein Pessimist.
* * *
Das Schöne zu analysieren
Fällt den Gelehrten schwer,
Und würden sie reussieren,
Wär's nicht das Schöne mehr.
* * *
Wäre Unsterblichkeit nicht das Schicksal der göttlichen Musen,
Unsere eherne Zeit raffte sie alle dahin.
* * *
Willst du, dass sich ein Herz vor dir enthülle,
So schweig' von deinem eig'nen Innern stille,
Denn dem vertraut man kein Geheimnis an,
Der selbst das eig'ne nicht bewahren kann.
* * *
Was wir am starken Geschlecht getrost als albern bezeichnen,
Nennen, zartfühlend genug, wir an den Frauen naiv.
Freilich der Buchstabe tödtet und nur der Geist macht lebendig,
Aber in manchem Gedicht such' ich umsonst nach dem Geist.
* * *
Ich wollte mich gerne bemühen,
Nach Weisheit zu streben, doch wie?
Ich finde nur Philosophien
Und keine Philosophie.
Friedrich Hitschmann.