Friedrich Hitschmann

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 +Aichinger, Friedrich: Der Blindenlehrer Friedrich Hitschmann. In: Zeitschrift für das Blindenbildungswesen. Bd. 89 (1969), S. 205-224.
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 +Bibliothek finden: [[https://ld.zdb-services.de/resource/145161-3|https://ld.zdb-services.de/resource/145161-3]]
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 Friedrich Aichinger: Friedrich Aichinger:
  
-**Der Blindenlehrer Friedrich Hitschmann**+====== Der Blindenlehrer Friedrich Hitschmann ======
  
-Untersuchung seiner Lehren aus der Sicht der neueren Pädagogik+===== Untersuchung seiner Lehren aus der Sicht der neueren Pädagogik =====
  
 Friedrich Hitschmann ist meist nur aus Sekundärliteratur bekannt, insbesondere durch die Rezension seiner pädagogischen Schrift durch Brandstaeter und Lembcke im Blindenfreund 1899, 1900 und 1902. Er wurde dadurch etwas „berüchtigt“ und gilt zum Teil bis heute als der „Antipode“ der Blindenpädagogik. In seinen Ansichten steht er singulär und hat nie ernsthafte Nachfolger gefunden. Positiver werden seine psychologischen oder mehr theoretischen Abhandlungen bewertet und vielfach auch zitiert. Auf Grund dieser Sonderstellung besitzt es einen gewissen Reiz, Hitschmanns verstreute und oft schwer zugängliche Arbeiten kennenzulernen. Als formaler Mangel sei vorweg genannt, daß die Schriften in aphoristischer Kürze abgefaßt sind. Es fehlt eine methodisch-systematische Darstellung, wie es solch revolutionäre Gedanken verdient hätten. Weiterhin hat man sich gefragt, weshalb H. seine Ideen nicht im Blindenfreund veröffentlichen ließ. Friedrich Hitschmann ist meist nur aus Sekundärliteratur bekannt, insbesondere durch die Rezension seiner pädagogischen Schrift durch Brandstaeter und Lembcke im Blindenfreund 1899, 1900 und 1902. Er wurde dadurch etwas „berüchtigt“ und gilt zum Teil bis heute als der „Antipode“ der Blindenpädagogik. In seinen Ansichten steht er singulär und hat nie ernsthafte Nachfolger gefunden. Positiver werden seine psychologischen oder mehr theoretischen Abhandlungen bewertet und vielfach auch zitiert. Auf Grund dieser Sonderstellung besitzt es einen gewissen Reiz, Hitschmanns verstreute und oft schwer zugängliche Arbeiten kennenzulernen. Als formaler Mangel sei vorweg genannt, daß die Schriften in aphoristischer Kürze abgefaßt sind. Es fehlt eine methodisch-systematische Darstellung, wie es solch revolutionäre Gedanken verdient hätten. Weiterhin hat man sich gefragt, weshalb H. seine Ideen nicht im Blindenfreund veröffentlichen ließ.
  
-//Persönlichkeit und Arbeiten Hitschmanns//+==== Persönlichkeit und Arbeiten Hitschmanns ====
  
 Über das Leben Hitschmanns ist wenig bekannt. Er starb 1894 (Z. f. Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane, 1894, 7, S. 387) oder 1895 (Brandstaeter im Blindenfreund). Im dritten Lebensjahr erblindet, jedoch nach eigener Angabe ohne optische Erinnerungen, wurde er Blindenlehrer am Israelitischen Blindeninstitut „Hohe Warte“ in Wien unter Simon Heller. Schon in jüngeren Jahren betätigte er sich literarisch (Versuch, eine Novelle in Briefform zu schreiben). Seine eigentliche wissenschaftlich-produktive Tätigkeit entfaltete sich in den letzten Lebensjahren (1892–1894); die „Blindenpädagogik“ erschien posthum 1895. Bedauerlicherweise fehlt daher eine Stellungnahme H.s zu den Angriffen gegen seine Theorien. Daß er seine Erkenntnisse nicht im Fachorgan der Blindenlehrer zur Diskussion stellte, mag teilweise begründet sein durch das Bestreben, die allgemeine Wissenschaft auf Blindheitsprobleme aufmerksam zu machen und, wie er schreibt, einen „großen Geist“ zur Bearbeitung dieses Gebietes anzuregen. Bei Mell wird H. im „Handbuch“ namentlich nur bei der Behandlung der „Surrogatvorstellungen“ kurz erwähnt (S. 611 und 766). H. hat sich zu normativen (pädagogischen und ästhetischen) und erkenntnistheoretischen (psychologischen und philosophischen) Fragen des Blindenwesens geäußert. Die damals erst aufkommenden soziologischen und rechtlichen Probleme ließ er unberücksichtigt. Seine Auffassungen lassen sich am besten in chronologischer Reihenfolge darstellen, da er sich immer wieder auf frühere Arbeiten beruft. Über das Leben Hitschmanns ist wenig bekannt. Er starb 1894 (Z. f. Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane, 1894, 7, S. 387) oder 1895 (Brandstaeter im Blindenfreund). Im dritten Lebensjahr erblindet, jedoch nach eigener Angabe ohne optische Erinnerungen, wurde er Blindenlehrer am Israelitischen Blindeninstitut „Hohe Warte“ in Wien unter Simon Heller. Schon in jüngeren Jahren betätigte er sich literarisch (Versuch, eine Novelle in Briefform zu schreiben). Seine eigentliche wissenschaftlich-produktive Tätigkeit entfaltete sich in den letzten Lebensjahren (1892–1894); die „Blindenpädagogik“ erschien posthum 1895. Bedauerlicherweise fehlt daher eine Stellungnahme H.s zu den Angriffen gegen seine Theorien. Daß er seine Erkenntnisse nicht im Fachorgan der Blindenlehrer zur Diskussion stellte, mag teilweise begründet sein durch das Bestreben, die allgemeine Wissenschaft auf Blindheitsprobleme aufmerksam zu machen und, wie er schreibt, einen „großen Geist“ zur Bearbeitung dieses Gebietes anzuregen. Bei Mell wird H. im „Handbuch“ namentlich nur bei der Behandlung der „Surrogatvorstellungen“ kurz erwähnt (S. 611 und 766). H. hat sich zu normativen (pädagogischen und ästhetischen) und erkenntnistheoretischen (psychologischen und philosophischen) Fragen des Blindenwesens geäußert. Die damals erst aufkommenden soziologischen und rechtlichen Probleme ließ er unberücksichtigt. Seine Auffassungen lassen sich am besten in chronologischer Reihenfolge darstellen, da er sich immer wieder auf frühere Arbeiten beruft.
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 **Verfasser: Friedr. Aichinger, Blindenoberlehrer, 7251 Warmbronn, Hauffstr. 1** **Verfasser: Friedr. Aichinger, Blindenoberlehrer, 7251 Warmbronn, Hauffstr. 1**
- +==== 1. Über die Begründung einer Blindenpsychologie von einem Blinden ====
-//1. Über die Begründung einer Blindenpsychologie von einem Blinden//+
  
 (Z. für Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane, 1892, 3. S. 388 ff.; auch als Sonderdruck „Über die Begründung einer Blindenpsychologie“, Langensalza, 1892). (Z. für Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane, 1892, 3. S. 388 ff.; auch als Sonderdruck „Über die Begründung einer Blindenpsychologie“, Langensalza, 1892).
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 Einleitend verweist der Verfasser darauf, daß für den 1. Blindenlehrerkongreß 1873 ein Preisausschreiben über das oben angeführte Thema geplant war. Er bezieht sich auf Angaben und Vorarbeiten in Zeitschriften, Broschüren und Vorträgen (ohne Literaturangaben). Seine Erkenntnisse hat er, wie er bescheiden vermerkt, autodidaktisch gewonnen. H.s Forschungsobjekt ist nur der von Geburt an amaurotische Mensch. Auf diesen möchte er die Aufmerksamkeit der Fachwissenschaftler lenken. Er gliedert sein Thema: Einleitend verweist der Verfasser darauf, daß für den 1. Blindenlehrerkongreß 1873 ein Preisausschreiben über das oben angeführte Thema geplant war. Er bezieht sich auf Angaben und Vorarbeiten in Zeitschriften, Broschüren und Vorträgen (ohne Literaturangaben). Seine Erkenntnisse hat er, wie er bescheiden vermerkt, autodidaktisch gewonnen. H.s Forschungsobjekt ist nur der von Geburt an amaurotische Mensch. Auf diesen möchte er die Aufmerksamkeit der Fachwissenschaftler lenken. Er gliedert sein Thema:
  
-a) +a) Unterscheidung des Sinneslebens Blinder von dem der Vollsinnigen,
-Unterscheidung des Sinneslebens Blinder von dem der Vollsinnigen,+
  
-b) +b) Einfluß der so veränderten Elemente auf die Denk- und Empfindungstätigkeiten der Blinden.
-Einfluß der so veränderten Elemente auf die Denk- und Empfindungstätigkeiten der Blinden.+
  
-a) +a) H. lehnt das Sinnesvikariat (ohne Gebrauch dieser Bezeichnung) ab (vor Griesbach und Kunz!). Seine Begründung geschieht deduktiv: Man müßte sonst zu dem absurden Gedanken kommen, bei Übrigbleiben nur eines Sinnes (z. B. des Geschmacks), hätte man gleich viel Empfindungen wie die anderen Menschen durch ihre gesunden Sinnesorgane. Das Wahrnehmungs- und Unterscheidungsvermögen wird allein durch stete Übung und //ungewöhnliche Konzentration// auf sonst nicht beachtete Objekte „verfeinert“ (S. 389). H. nennt interessante Beispiele:
-H. lehnt das Sinnesvikariat (ohne Gebrauch dieser Bezeichnung) ab (vor Griesbach und Kunz!). Seine Begründung geschieht deduktiv: Man müßte sonst zu dem absurden Gedanken kommen, bei Übrigbleiben nur eines Sinnes (z. B. des Geschmacks), hätte man gleich viel Empfindungen wie die anderen Menschen durch ihre gesunden Sinnesorgane. Das Wahrnehmungs- und Unterscheidungsvermögen wird allein durch stete Übung und //ungewöhnliche Konzentration// auf sonst nicht beachtete Objekte „verfeinert“ (S. 389). H. nennt interessante Beispiele:+
  
 Beim Vorlesen versteht der blinde Zuhörer auch dann die Zusammenhänge, wenn so leise gesprochen wird, daß Vollsinnige nicht mehr zu folgen vermögen (natürlich ist ein funktionstüchtiges Gehör Voraussetzung); Nichtsehende können sich durch das Gehör orientieren; blinde Menschen unterscheiden bei Versuchen Platten, die auf den Tisch geworfen werden, aus dem Klang nach Material und Form (S. 391) – ein Beispiel, das auch Katz zitiert. Beim Vorlesen versteht der blinde Zuhörer auch dann die Zusammenhänge, wenn so leise gesprochen wird, daß Vollsinnige nicht mehr zu folgen vermögen (natürlich ist ein funktionstüchtiges Gehör Voraussetzung); Nichtsehende können sich durch das Gehör orientieren; blinde Menschen unterscheiden bei Versuchen Platten, die auf den Tisch geworfen werden, aus dem Klang nach Material und Form (S. 391) – ein Beispiel, das auch Katz zitiert.
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 Diese Ansicht wird heute fast allgemein abgelehnt, doch findet man sie immer» hin noch von einigen Psychologen, etwa Hornbostel, vertreten. Diese Ansicht wird heute fast allgemein abgelehnt, doch findet man sie immer» hin noch von einigen Psychologen, etwa Hornbostel, vertreten.
  
-Nach H. spielt die Raumvorstellung im Geistesleben blinder Menschen eine geringere Rolle als bei Sehenden. Völlig abwegig sei es, durch Tasten Menschen erkennen oder deren Seelenzustände, zum Beispiel bei Kunstwerken, aus dem Mienenspiel erschließen zu wollen. (Zu ähnlichen Folgerungen kommt bekanntlich Révész.) Der Blinde //denkt// Personen nicht durch Vergegenwärtigung ihrer körperlichen Erscheinung (sie müßte erst aus zufälligen Details konstruiert werden), sondern „verknüpft ... die geistige Persönlichkeit ... direkt mit dem sinnlichen Moment, ... mit der Stimme“. (Diese Zusammenhänge wurden später ausführlich von E. Dörner untersucht.) Die so gewonnenen Figuren haben „nichts Plastisches“, sondern zerfließen beim Nachlassen der Konzentration (S. 393). Lediglich beim Erwachen des Geschlechtstriebes sollen sich plastischere Formen aufdrängen.+Nach H. spielt die Raumvorstellung im Geistesleben blinder Menschen eine geringere Rolle als bei Sehenden. Völlig abwegig sei es, durch Tasten Menschen erkennen oder deren Seelenzustände, zum Beispiel bei Kunstwerken, aus dem Mienenspiel erschließen zu wollen. (Zu ähnlichen Folgerungen kommt bekanntlich Révész.) Der Blinde //denkt// Personen nicht durch Vergegenwärtigung ihrer körperlichen Erscheinung (sie müßte erst aus zufälligen Details konstruiert werden), sondern „verknüpft … die geistige Persönlichkeit … direkt mit dem sinnlichen Moment, … mit der Stimme“. (Diese Zusammenhänge wurden später ausführlich von E. Dörner untersucht.) Die so gewonnenen Figuren haben „nichts Plastisches“, sondern zerfließen beim Nachlassen der Konzentration (S. 393). Lediglich beim Erwachen des Geschlechtstriebes sollen sich plastischere Formen aufdrängen.
  
 Zu diesen Schlüssen ist kritisch einzuflechten, daß auch der Sehende Personen sich nicht figürlich (vor allem nicht eidetisch) vorstellt, sondern eher in ihrer geistigen Existenz. Weiterhin beschwört die Kopplung von Persönlichkeit und Stimme die Gefahr von Vorurteilen herauf, wie sie selbstverständlich beim Sehenden auch in bezug auf optische Faktoren (Gesichtszüge, Wuchs, Kleidung usw.) gegeben ist. Zu diesen Schlüssen ist kritisch einzuflechten, daß auch der Sehende Personen sich nicht figürlich (vor allem nicht eidetisch) vorstellt, sondern eher in ihrer geistigen Existenz. Weiterhin beschwört die Kopplung von Persönlichkeit und Stimme die Gefahr von Vorurteilen herauf, wie sie selbstverständlich beim Sehenden auch in bezug auf optische Faktoren (Gesichtszüge, Wuchs, Kleidung usw.) gegeben ist.
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 Auch die nicht besprochenen Sinne sind nach der Verfeinerung fähig, sie sind jedoch beim Nichtsehenden nicht außergewöhnlich entwickelt (S. 393). Auch die nicht besprochenen Sinne sind nach der Verfeinerung fähig, sie sind jedoch beim Nichtsehenden nicht außergewöhnlich entwickelt (S. 393).
  
-b) +b) Der zweite Teil der Arbeit bildet den Angelpunkt von H.s Deduktionen:
-Der zweite Teil der Arbeit bildet den Angelpunkt von H.s Deduktionen:+
  
 Das Sinnesmaterial des Blinden ist wesentlich geringer als jenes der Vollsinnigen. Das Farbenerkennen ist ihm vollständig verschlossen. Aber auch die Phänomene, die untrennbar mit dem Gesicht verbunden sind, werden ihm kaum zugänglich. H. denkt hier vermutlich an Bewegung, Perspektive, Schatten u. ä. Im Widerspruch dazu stehen die Erfahrungen: Der nichtsehende Mensch interessiert sich für weitere Gebiete und liest mehr, als ihm sinnlich zugänglich ist. Allerdings muß dabei, um diesen kritischen Einwand vorwegzunehmen, zunächst an materiell gegebene Qualitäten angeknüpft werden können. Die „Assimilation des wesentlich Fremden“ nennt H. „//Surrogatvorstellungen//“ (S. 394). Nach seinen Angaben decken sie sich etwa mit dem, was der Psychologe Meinong als „indirekte Vorstellungen“ bezeichnet. Der Begriff der Surrogatvorstellungen, den H., wie er ausdrücklich erwähnt, nicht selbst geprägt hat, soll nach Möglichkeit für die Blindenpsychologie beibehalten werden. Zur Verdeutlichung des Gemeinten wird als Beispiel das Wort „London“ angegeben. Beim blinden Menschen entstehen dazu keine Einzelvorstellungen, trotzdem kann man mit dem Begriff ohne Nachteil für den Verlauf des Denkens operieren. Offensichtlich versteht also H. unter „Surrogatvorstellungen“ //von außen// herangetragene, nicht konkret-sinnlich erworbene Eindrücke, deren Bedeutung aber der Blinde durch Analogieschlüsse kennt. Sinnlich erfaßte Dinge können also mit Ausnahme ihrer optischen Komponenten nicht Surrogatvorstellungen sein. Die Zahl der Surrogatvorstellungen ist beim Blinden größer als beim Vollsinnigen (S. 394/395). Das Sinnesmaterial des Blinden ist wesentlich geringer als jenes der Vollsinnigen. Das Farbenerkennen ist ihm vollständig verschlossen. Aber auch die Phänomene, die untrennbar mit dem Gesicht verbunden sind, werden ihm kaum zugänglich. H. denkt hier vermutlich an Bewegung, Perspektive, Schatten u. ä. Im Widerspruch dazu stehen die Erfahrungen: Der nichtsehende Mensch interessiert sich für weitere Gebiete und liest mehr, als ihm sinnlich zugänglich ist. Allerdings muß dabei, um diesen kritischen Einwand vorwegzunehmen, zunächst an materiell gegebene Qualitäten angeknüpft werden können. Die „Assimilation des wesentlich Fremden“ nennt H. „//Surrogatvorstellungen//“ (S. 394). Nach seinen Angaben decken sie sich etwa mit dem, was der Psychologe Meinong als „indirekte Vorstellungen“ bezeichnet. Der Begriff der Surrogatvorstellungen, den H., wie er ausdrücklich erwähnt, nicht selbst geprägt hat, soll nach Möglichkeit für die Blindenpsychologie beibehalten werden. Zur Verdeutlichung des Gemeinten wird als Beispiel das Wort „London“ angegeben. Beim blinden Menschen entstehen dazu keine Einzelvorstellungen, trotzdem kann man mit dem Begriff ohne Nachteil für den Verlauf des Denkens operieren. Offensichtlich versteht also H. unter „Surrogatvorstellungen“ //von außen// herangetragene, nicht konkret-sinnlich erworbene Eindrücke, deren Bedeutung aber der Blinde durch Analogieschlüsse kennt. Sinnlich erfaßte Dinge können also mit Ausnahme ihrer optischen Komponenten nicht Surrogatvorstellungen sein. Die Zahl der Surrogatvorstellungen ist beim Blinden größer als beim Vollsinnigen (S. 394/395).
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 Mit Recht folgert man daraus, obgleich H. dies nicht ausdrücklich bemerkt, daß auch der Sehende Surrogatvorstellungen besitzt. Dies darf man wohl ohne Bedenken unterstreichen, etwa bei der Vorstellung „Urwald“, „Wüste“, „Himalaja“, selbst „London“, um willkürlich einige Beispiele herauszugreifen. Für viele, ja die meisten Menschen dürften hier Surrogatvorstellungen im Sinne H.s bestehen. Natürlich ist Versinnlichung und damit inhaltliche Bereicherung durch das Bild möglich (oder durch Analogien aus vergleichbaren Erfahrungsgebieten), aber es ist nicht die Wirklichkeit; das Bild gibt nicht alles, besonders wenn es sich um unbekannte Objekte handelt. Erwähnenswert sind etwa auch die Surrogatvorstellungen des Sehenden auf olfaktorischem Gebiet. Nur wenige kennen beispielsweise die Düfte von Balsam, Moschus, Orangenblüten, Rosenöl oder Sandelholz. Dennoch gebraucht man diese Geruchsnamen und operiert mit ihnen; es verbindet sich damit die Vorstellung von „etwas Angenehmem“. Niemand wird durch diesen offensichtlichen Mangel an Sinnesqualitäten eine Frustration erleiden. Die Möglichkeit Surrogatvorstellungen zu hypostasieren, das heißt auf sinnliche Vorstellungen bzw. Wahrnehmungen zurückzuführen, sind für den blinden Menschen geringer. Verdinglichung ist bei ihm überhaupt nur ohne optischen Daten möglich. Mit Recht folgert man daraus, obgleich H. dies nicht ausdrücklich bemerkt, daß auch der Sehende Surrogatvorstellungen besitzt. Dies darf man wohl ohne Bedenken unterstreichen, etwa bei der Vorstellung „Urwald“, „Wüste“, „Himalaja“, selbst „London“, um willkürlich einige Beispiele herauszugreifen. Für viele, ja die meisten Menschen dürften hier Surrogatvorstellungen im Sinne H.s bestehen. Natürlich ist Versinnlichung und damit inhaltliche Bereicherung durch das Bild möglich (oder durch Analogien aus vergleichbaren Erfahrungsgebieten), aber es ist nicht die Wirklichkeit; das Bild gibt nicht alles, besonders wenn es sich um unbekannte Objekte handelt. Erwähnenswert sind etwa auch die Surrogatvorstellungen des Sehenden auf olfaktorischem Gebiet. Nur wenige kennen beispielsweise die Düfte von Balsam, Moschus, Orangenblüten, Rosenöl oder Sandelholz. Dennoch gebraucht man diese Geruchsnamen und operiert mit ihnen; es verbindet sich damit die Vorstellung von „etwas Angenehmem“. Niemand wird durch diesen offensichtlichen Mangel an Sinnesqualitäten eine Frustration erleiden. Die Möglichkeit Surrogatvorstellungen zu hypostasieren, das heißt auf sinnliche Vorstellungen bzw. Wahrnehmungen zurückzuführen, sind für den blinden Menschen geringer. Verdinglichung ist bei ihm überhaupt nur ohne optischen Daten möglich.
  
-In den Surrogatvorstellungen liegt für H. der Schwerpunkt des geistigen Lebens Blinder. „Von der Freiheit und Raschheit ihres Spieles ... hängen die Fortschritte seiner Entwicklung ab“, weniger von der Fertigkeit, die eigentlichen Vorstellungen wachzurufen.+In den Surrogatvorstellungen liegt für H. der Schwerpunkt des geistigen Lebens Blinder. „Von der Freiheit und Raschheit ihres Spieles … hängen die Fortschritte seiner Entwicklung ab“, weniger von der Fertigkeit, die eigentlichen Vorstellungen wachzurufen.
  
 (Diese „ketzerische“ Überspitzung wird mit Recht von der Blindenpädagogik bestritten.) (Diese „ketzerische“ Überspitzung wird mit Recht von der Blindenpädagogik bestritten.)
  
-Auch optische Begriffe (Lich – Finsternis usw.) sind nach H. für Nichtsehende kein leerer Schall, er kommt ihnen vielmehr sozusagen „von der engegengesetzten Seite“ bei, der bildlichen oder übertragenen Bedeutung („lichte Tage der Kindheit“, S. 395). Surrogatvorstellungen sind wichtig für die Ausgestaltung des geistigen Lebens, insbesondere auf dem Gebiet der ästhetischen Phantasie. Zu den einzelnen Künsten entsteht beim blinden Menschen ein eigenartiges Verhältnis. Auf dem Gebiet der Musik sind keine Surrogatvorstellungen nötig, weder beim Genießen noch beim Schaffen. Malerei und weiterhin auch Plastik sind ihm verschlossen. (Letzteres bestätigt später Révész experimentell.) Am eigentümlichsten und zwiespältigsten ist das Verhältnis des Nichtsehenden zur Poesie (S. 396). „Der Blinde vermöchte nur solche Dichtungen ganz zu genießen, welche von Blinden und für Blinde geschrieben wären ...“ (S. 396). In der Literatur begegnet er immer wieder Stellen, die er nicht lebhaft nachzuempfinden vermag. Die berühmten blinden Dichter waren nach Hitschmann nicht geburtsblind. – Abstrakte Wissenschaften sind blinden Menschen leicht zugänglich. Die Durchschnittsintelligenz ist sehr hoch.+Auch optische Begriffe (Lich – Finsternis usw.) sind nach H. für Nichtsehende kein leerer Schall, er kommt ihnen vielmehr sozusagen „von der engegengesetzten Seite“ bei, der bildlichen oder übertragenen Bedeutung („lichte Tage der Kindheit“, S. 395). Surrogatvorstellungen sind wichtig für die Ausgestaltung des geistigen Lebens, insbesondere auf dem Gebiet der ästhetischen Phantasie. Zu den einzelnen Künsten entsteht beim blinden Menschen ein eigenartiges Verhältnis. Auf dem Gebiet der Musik sind keine Surrogatvorstellungen nötig, weder beim Genießen noch beim Schaffen. Malerei und weiterhin auch Plastik sind ihm verschlossen. (Letzteres bestätigt später Révész experimentell.) Am eigentümlichsten und zwiespältigsten ist das Verhältnis des Nichtsehenden zur Poesie (S. 396). „Der Blinde vermöchte nur solche Dichtungen ganz zu genießen, welche von Blinden und für Blinde geschrieben wären “ (S. 396). In der Literatur begegnet er immer wieder Stellen, die er nicht lebhaft nachzuempfinden vermag. Die berühmten blinden Dichter waren nach Hitschmann nicht geburtsblind. – Abstrakte Wissenschaften sind blinden Menschen leicht zugänglich. Die Durchschnittsintelligenz ist sehr hoch.
  
 Dieser Schluß mag vielleicht etwas spekulativ gewonnen worden sein, fußt aber sicher auf langjährigen Erfahrungen im praktischen Schuldienst. Dieser Schluß mag vielleicht etwas spekulativ gewonnen worden sein, fußt aber sicher auf langjährigen Erfahrungen im praktischen Schuldienst.
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 Tatsächlich hat H. viele der Probleme aufgegriffen, die später aktuell wurden, auch wenn man sie dann zum Teil anders bewertete. Bedauerlich ist, daß der Verfasser nicht streng systematisch vorging und sich vor allem nur auf Eigenbeobachtung stützte. Das Experiment, wie es der Behaviorismus bevorzugt, erscheint bei ihm ausschließlich am Rand. Konkrete Aufzeichnungen fehlen überhaupt. H. scheint es darum zu gehen, tiefgreifende psychologische Unterschiede zwischen Blinden und Sehenden zu deduzieren, die vor allem in den Surrogatvorstellungen kulminieren. Vermutlich ist er der Auffassung, daß das Denken des Sehenden sich in Blinden nach Art eines Films vollzieht. Diese Ansicht ist jedoch durch die Forschungen über die Denkvorstellungen seitens der Psychologen der Würzburger Schule nicht mehr haltbar. Überdies gebraucht auch der Sehende häufig Surrogatvorstellungen, was bereits erwähnt wurde und worauf später noch näher einzugehen ist. Wirkliche seelische Unterschiede dürften eher auf tiefenpsychologischem Gebiet zu suchen sein (vgl. dazu die Untersuchungen von Cutsforth). Tatsächlich hat H. viele der Probleme aufgegriffen, die später aktuell wurden, auch wenn man sie dann zum Teil anders bewertete. Bedauerlich ist, daß der Verfasser nicht streng systematisch vorging und sich vor allem nur auf Eigenbeobachtung stützte. Das Experiment, wie es der Behaviorismus bevorzugt, erscheint bei ihm ausschließlich am Rand. Konkrete Aufzeichnungen fehlen überhaupt. H. scheint es darum zu gehen, tiefgreifende psychologische Unterschiede zwischen Blinden und Sehenden zu deduzieren, die vor allem in den Surrogatvorstellungen kulminieren. Vermutlich ist er der Auffassung, daß das Denken des Sehenden sich in Blinden nach Art eines Films vollzieht. Diese Ansicht ist jedoch durch die Forschungen über die Denkvorstellungen seitens der Psychologen der Würzburger Schule nicht mehr haltbar. Überdies gebraucht auch der Sehende häufig Surrogatvorstellungen, was bereits erwähnt wurde und worauf später noch näher einzugehen ist. Wirkliche seelische Unterschiede dürften eher auf tiefenpsychologischem Gebiet zu suchen sein (vgl. dazu die Untersuchungen von Cutsforth).
  
-//2. Über das Traumleben des Blinden//+==== 2. Über das Traumleben des Blinden ====
  
 (Z. für Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane, 1894 (S. 387 ff.). Die tiefgreifenden Unterschiede im Seelenleben Blinder und Sehender im Wachen müssen sich auch in der Traumwelt geltend machen. Hierbei verzeichnet H. wieder besonders eigene Träume und zieht die anderer blinder Personen nur als Ergänzung und Korrektiv heran. Als Literaturhinweis nennt er „Die Illusionen“ von J. Sully und faßt daraus zusammen: Unter allen psychischen Phänomenen besitzt der Traum die größte Ähnlichkeit mit wirklichen Sinneswahrnehmungen. Für den Blinden gilt dies nach H. nicht oder nur beschränkt. Er denkt weit seltener in anschaulichen Bildern als in abstrakten Surrogatvorstellungen. Dies kommt doppelt für den Traum in Betracht. Anschauliche Vorstellungen haften beim Nichtsehenden nur lose im Gefüge des Geistes und vermögen durch die reproduzierende Tätigkeit des Traums kaum über die Schwelle des Bewußtseins zu gelangen. Als Beispiel zeigt H. die Ausprägung desselben Traummotivs bei Blinden und Sehenden. Ein Sehender, der von einem Freund träumt, erkennt dabei auch Nebensächlichkeiten wie Kleider, Zimmer oder Teile des Raumes; beim Blinden entfällt dies wegen der Surrogatvorstellungen, selbst wenn er die Kleider betastet oder das Zimmer durchschritten hätte. (Z. für Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane, 1894 (S. 387 ff.). Die tiefgreifenden Unterschiede im Seelenleben Blinder und Sehender im Wachen müssen sich auch in der Traumwelt geltend machen. Hierbei verzeichnet H. wieder besonders eigene Träume und zieht die anderer blinder Personen nur als Ergänzung und Korrektiv heran. Als Literaturhinweis nennt er „Die Illusionen“ von J. Sully und faßt daraus zusammen: Unter allen psychischen Phänomenen besitzt der Traum die größte Ähnlichkeit mit wirklichen Sinneswahrnehmungen. Für den Blinden gilt dies nach H. nicht oder nur beschränkt. Er denkt weit seltener in anschaulichen Bildern als in abstrakten Surrogatvorstellungen. Dies kommt doppelt für den Traum in Betracht. Anschauliche Vorstellungen haften beim Nichtsehenden nur lose im Gefüge des Geistes und vermögen durch die reproduzierende Tätigkeit des Traums kaum über die Schwelle des Bewußtseins zu gelangen. Als Beispiel zeigt H. die Ausprägung desselben Traummotivs bei Blinden und Sehenden. Ein Sehender, der von einem Freund träumt, erkennt dabei auch Nebensächlichkeiten wie Kleider, Zimmer oder Teile des Raumes; beim Blinden entfällt dies wegen der Surrogatvorstellungen, selbst wenn er die Kleider betastet oder das Zimmer durchschritten hätte.
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 Der Zweck von H.s Skizze war, auf das (angeblich!) //tiefgreifend Unterschiedliche// im Traumleben Blinder und Sehender hinzuweisen. Auch wenn dies, besonders in heutiger psychologischer Sicht, nicht gelungen ist, gebührt ihm die Ehre, dieses interessante und die Phantasie so überaus beflügelnde Gebiet der Blindenpsychologische wohl erstmals wissenschaftlich untersucht zu haben. Schmerzlich vermißt man vor allem tiefenpsychologische Aspekte, deren Bedeutung damals nur in engsten Kreisen bekannt war. Der Zweck von H.s Skizze war, auf das (angeblich!) //tiefgreifend Unterschiedliche// im Traumleben Blinder und Sehender hinzuweisen. Auch wenn dies, besonders in heutiger psychologischer Sicht, nicht gelungen ist, gebührt ihm die Ehre, dieses interessante und die Phantasie so überaus beflügelnde Gebiet der Blindenpsychologische wohl erstmals wissenschaftlich untersucht zu haben. Schmerzlich vermißt man vor allem tiefenpsychologische Aspekte, deren Bedeutung damals nur in engsten Kreisen bekannt war.
- +==== 3. Der Blinde und die Kunst ====
-//3. Der Blinde und die Kunst//+
  
 (Vierteljahresschrift für wiss. Philosophie, Leipzig, 1893, 17, S. 312 ff.). Ein Jahr vor dem „Traumleben des Blinden“ veröffentlichte H. eine kurze Abhandlung über das Kunsterleben des Nichtsehenden. Der Blinde, der von den Erscheinungen der Außenwelt weniger in Anspruch genommen ist, vermag sich um so mehr dem Zauber der Kunst hinzugeben. Die gesteigerte Intensität seines Innenlebens sichert jedem Eindruck von vornherein größere Lebhaftigkeit und Wirksamkeit zu als beim Vollsinnigen. Die Kunst ist geradezu ein Bildungselement für das Wesen des Blinden. Die bildenden Künste sind allerdings ohne Relevanz; dies gilt auch für die Plastik wegen der geringen Leistungsfähigkeit des Tastsinns. Das Verhältnis zur Musik ist im wesentlichen dasselbe wie beim Sehenden. Die Technik der Wiedergabe mag vielleicht etwas verändert sein (man kann hier etwa an das Violinspiel denken: der blinde Musikschüler kann die Bogenführung nicht beobachten). H. lehnt die Auffassung ab, der Blinde sei außerstande, musikalische Kunstwerke zu schaffen (S. 313). Die Poesie, die in der Mitte zwischen Raumkunst und raumloser Kunst (Musik) steht, nimmt eine gewisse Sonderstellung ein, was schon in H.s erster Arbeit angedeutet wurde. Der blinde Mensch besitzt zwar zur Dichtkunst enge Beziehungen, die durch den Mangel des Lichtsinns jedoch Modifikationen erfahren. Bei der Darstellung des Psychischen im weitesten Sinn vermag sich der Blinde voll und ganz ihrem Genuß hinzugeben. Werden jedoch Außenwelt und Milieu geschildert, so ist er auf Surrogatvorstellungen angewiesen. Diese werden ihm aber in erstaunlichem Maße geläufig. H. bringt als Beispiel das Gedicht „Maiensonne“ eines Blinden, das erfüllt ist von Bildern und optischen Vorstellungen (S. 314 315). Die Beschreibungen sind nicht etwa „künstlich und absichtlich“, sondern ungezwungen, ein adäquater Ausdruck. Gerade für lyrische Gedichte besitzt der nichtsehende Mensch Empfänglichkeit und hervor- ragendes Talent (letzteres kann, nebenbei bemerkt, durch Schülerarbeiten nachgewiesen und belegt werden). Diese Befähigung rührt nach H. vielleicht daher, daß der Lyriker seine eigene Stimmung zum Ausdruck bringen will und sich deshalb am ehesten innerhalb seiner Grenzen hält. Zum vollen Genuß epischer Dichtungen bedarf es hingegen des Augenlichts in höherem Maße (S. 316). Weder dem Epos noch dem Sinnbild-Roman vermag der Blinde ungehindert zu folgen. Besser ist ihm der Bildungsroman und die Novelle zugänglich (S. 316). Eine Vorliebe besitzt der nichtsehende Mensch für den Dialog als unmittelbaren Ausdruck des psychischen Lebens; dies weist ihn (den Blinden) zum Drama. Es ist ihm „Quelle reichster und nachhaltigster Anregung“. Dabei entfällt für ihn der Gegensatz zwischen Buch- und Spieldrama wegen der Überflüssigkeit einer Dekoration. Durch Nebengeräusche (etwa Donner) wird er eher abgelenkt. H. wagt die Behauptung, der ästhetische Wert eines Stückes könne sehr stark nach dem Eindruck bemessen werden, den das Werk auf einen Blinden macht. Zumindest gilt dies im Hinblick auf die äußere Form, den gesprochenen Vers. Da dem Blinden alles vorgelesen werden muß (damals!), macht man ihn natürlicherweise zunächst mit den besten Werken vertraut, die dann auch sein Stilgefühl bestimmen. Der nichtsehende Mensch besitzt einen ungemein verfeinerten metrischen Sinn, sogar bei Prosastücken. Hierzu kommt die gesteigerte Fähigkeit des Auswendiglernens (S. 318). Die metrische Form ist für ihn Hauptquelle des künstlerischen Genusses. H. faßt die Bedeutung der Kunst für den Blinden zusammen: (Vierteljahresschrift für wiss. Philosophie, Leipzig, 1893, 17, S. 312 ff.). Ein Jahr vor dem „Traumleben des Blinden“ veröffentlichte H. eine kurze Abhandlung über das Kunsterleben des Nichtsehenden. Der Blinde, der von den Erscheinungen der Außenwelt weniger in Anspruch genommen ist, vermag sich um so mehr dem Zauber der Kunst hinzugeben. Die gesteigerte Intensität seines Innenlebens sichert jedem Eindruck von vornherein größere Lebhaftigkeit und Wirksamkeit zu als beim Vollsinnigen. Die Kunst ist geradezu ein Bildungselement für das Wesen des Blinden. Die bildenden Künste sind allerdings ohne Relevanz; dies gilt auch für die Plastik wegen der geringen Leistungsfähigkeit des Tastsinns. Das Verhältnis zur Musik ist im wesentlichen dasselbe wie beim Sehenden. Die Technik der Wiedergabe mag vielleicht etwas verändert sein (man kann hier etwa an das Violinspiel denken: der blinde Musikschüler kann die Bogenführung nicht beobachten). H. lehnt die Auffassung ab, der Blinde sei außerstande, musikalische Kunstwerke zu schaffen (S. 313). Die Poesie, die in der Mitte zwischen Raumkunst und raumloser Kunst (Musik) steht, nimmt eine gewisse Sonderstellung ein, was schon in H.s erster Arbeit angedeutet wurde. Der blinde Mensch besitzt zwar zur Dichtkunst enge Beziehungen, die durch den Mangel des Lichtsinns jedoch Modifikationen erfahren. Bei der Darstellung des Psychischen im weitesten Sinn vermag sich der Blinde voll und ganz ihrem Genuß hinzugeben. Werden jedoch Außenwelt und Milieu geschildert, so ist er auf Surrogatvorstellungen angewiesen. Diese werden ihm aber in erstaunlichem Maße geläufig. H. bringt als Beispiel das Gedicht „Maiensonne“ eines Blinden, das erfüllt ist von Bildern und optischen Vorstellungen (S. 314 315). Die Beschreibungen sind nicht etwa „künstlich und absichtlich“, sondern ungezwungen, ein adäquater Ausdruck. Gerade für lyrische Gedichte besitzt der nichtsehende Mensch Empfänglichkeit und hervor- ragendes Talent (letzteres kann, nebenbei bemerkt, durch Schülerarbeiten nachgewiesen und belegt werden). Diese Befähigung rührt nach H. vielleicht daher, daß der Lyriker seine eigene Stimmung zum Ausdruck bringen will und sich deshalb am ehesten innerhalb seiner Grenzen hält. Zum vollen Genuß epischer Dichtungen bedarf es hingegen des Augenlichts in höherem Maße (S. 316). Weder dem Epos noch dem Sinnbild-Roman vermag der Blinde ungehindert zu folgen. Besser ist ihm der Bildungsroman und die Novelle zugänglich (S. 316). Eine Vorliebe besitzt der nichtsehende Mensch für den Dialog als unmittelbaren Ausdruck des psychischen Lebens; dies weist ihn (den Blinden) zum Drama. Es ist ihm „Quelle reichster und nachhaltigster Anregung“. Dabei entfällt für ihn der Gegensatz zwischen Buch- und Spieldrama wegen der Überflüssigkeit einer Dekoration. Durch Nebengeräusche (etwa Donner) wird er eher abgelenkt. H. wagt die Behauptung, der ästhetische Wert eines Stückes könne sehr stark nach dem Eindruck bemessen werden, den das Werk auf einen Blinden macht. Zumindest gilt dies im Hinblick auf die äußere Form, den gesprochenen Vers. Da dem Blinden alles vorgelesen werden muß (damals!), macht man ihn natürlicherweise zunächst mit den besten Werken vertraut, die dann auch sein Stilgefühl bestimmen. Der nichtsehende Mensch besitzt einen ungemein verfeinerten metrischen Sinn, sogar bei Prosastücken. Hierzu kommt die gesteigerte Fähigkeit des Auswendiglernens (S. 318). Die metrische Form ist für ihn Hauptquelle des künstlerischen Genusses. H. faßt die Bedeutung der Kunst für den Blinden zusammen:
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 a) Die Kunst bewirkt eine Bereicherung des Geistes durch Vorstellungen und des Gemüts durch Empfindungen (hier: Gefühle), wie sie derartig die Natur nicht zu bieten vermag. Zwar sind dem blinden Menschen die Schönheiten der Natur verborgen, nicht aber die Schöpfungen eines Mozart oder Shakespeare (S. 319). Die Kunst besitzt eine dominierende Rolle im intellektuellen Leben des Blinden. Dies widerspricht nicht H.s Behauptung, daß es ihm (dem Nichtsehenden) an Phantasie fehle. Dort war die räumlich-gestaltende Einbildungskraft gemeint, hier eine Art abstrakter schöpferischer Tätigkeit, die keinen Lichtsinn braucht. a) Die Kunst bewirkt eine Bereicherung des Geistes durch Vorstellungen und des Gemüts durch Empfindungen (hier: Gefühle), wie sie derartig die Natur nicht zu bieten vermag. Zwar sind dem blinden Menschen die Schönheiten der Natur verborgen, nicht aber die Schöpfungen eines Mozart oder Shakespeare (S. 319). Die Kunst besitzt eine dominierende Rolle im intellektuellen Leben des Blinden. Dies widerspricht nicht H.s Behauptung, daß es ihm (dem Nichtsehenden) an Phantasie fehle. Dort war die räumlich-gestaltende Einbildungskraft gemeint, hier eine Art abstrakter schöpferischer Tätigkeit, die keinen Lichtsinn braucht.
  
-b) Durch die Kunst wird das Wesen des blinden Menschen geläutert, erweitert, veredelt, erhoben. Fehler, die ihm zum Vorwurf gemacht werden, beruhen oft auf seinem Zustand des Sinnesausfalls. Selbst im einfachsten Blinden, der ein sehr hartes Leben fristet, findet man eine „gewisse Größe der Auffassung, eine kindliche Freude an allem Schönen und Guten ..., eine hohe Idealität der Gesinnung“. Diese Eigenschaften führt H. nicht zuletzt auf die eifrige Kunstpflege zurück (S. 320).+b) Durch die Kunst wird das Wesen des blinden Menschen geläutert, erweitert, veredelt, erhoben. Fehler, die ihm zum Vorwurf gemacht werden, beruhen oft auf seinem Zustand des Sinnesausfalls. Selbst im einfachsten Blinden, der ein sehr hartes Leben fristet, findet man eine „gewisse Größe der Auffassung, eine kindliche Freude an allem Schönen und Guten , eine hohe Idealität der Gesinnung“. Diese Eigenschaften führt H. nicht zuletzt auf die eifrige Kunstpflege zurück (S. 320).
  
-//4. Über die Prinzipien der Blindenpädagogik“,// Langensalza, 1895+==== 4. Über die Prinzipien der Blindenpädagogik“, Langensalza, 1895 ====
  
 An der pädagogischen Schrift H.s, die als letzte seiner Veröffentlichungen erschien, hat sich die Kritik der Blindenpädagogen hauptsächlich entzündet, während die bisherigen Arbeiten nur in engsten Fachkreisen bekannt wurden. H. geht es hier, wie er betont, um die eigentliche Wissenschaft der Blindenpädagogik, besonders um die Prinzipien und die Systematisierung (S. 3). Bescheiden hält er sich wieder im Hintergrund; erneut verlangt er nach der „berufenen Hand“, die zu einer solchen Zusammenfassung in der Lage ist. Seiner Ansicht nach käme eine solche Untersuchung im weiteren Verlauf zugleich der Allgemeinpädagogik und der Psychologie zugute. Sie würde auch das Verständnis des Seelenlebens Vollsinniger wesentlich erweitern. An der pädagogischen Schrift H.s, die als letzte seiner Veröffentlichungen erschien, hat sich die Kritik der Blindenpädagogen hauptsächlich entzündet, während die bisherigen Arbeiten nur in engsten Fachkreisen bekannt wurden. H. geht es hier, wie er betont, um die eigentliche Wissenschaft der Blindenpädagogik, besonders um die Prinzipien und die Systematisierung (S. 3). Bescheiden hält er sich wieder im Hintergrund; erneut verlangt er nach der „berufenen Hand“, die zu einer solchen Zusammenfassung in der Lage ist. Seiner Ansicht nach käme eine solche Untersuchung im weiteren Verlauf zugleich der Allgemeinpädagogik und der Psychologie zugute. Sie würde auch das Verständnis des Seelenlebens Vollsinniger wesentlich erweitern.
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 Man könnte, dies ist hier einzuflechten, dabei von Lernschul-Pädagogik mit dem Schwerpunkt auf dem Ziel des Unterrichts sprechen. Wer dagegen das anthropologische Prinzip vertritt, muß mit H. fordern, daß der blinde Mensch „in seiner eigenartigen Besonderheit so vollkommen als möglich“ gemacht wird. In einfacher Weise scheint hier bereits angedeutet, was neuerdings Boldt als „pädagogisch-anthropologische Frage nach dem blinden Menschen“ kennzeichnet, die Forderung, daß der Blinde „zuallererst und wesentlich in seiner Menschlichkeit begriffen und in das pädagogische Denken hineingenommen werden soll“. Die Vertreter der hier als „Lernschul-Pädagogen“ umschriebenen Gruppe hält H. für strenge Anhänger des Pestalozzi’schen Anschauungsprinzips; diesem mißt der Autor jedoch nur eine geringe Bedeutung für die Blindenpädagogik bei. Er verkennt dann allerdings, daß auch Verfechter des anthropologischen Standpunkts die Anschauung an den Anfang allen Unterrichts stellen können, ja müssen da es sich hier im Grunde um ein methodisches Problem handelt. Man könnte, dies ist hier einzuflechten, dabei von Lernschul-Pädagogik mit dem Schwerpunkt auf dem Ziel des Unterrichts sprechen. Wer dagegen das anthropologische Prinzip vertritt, muß mit H. fordern, daß der blinde Mensch „in seiner eigenartigen Besonderheit so vollkommen als möglich“ gemacht wird. In einfacher Weise scheint hier bereits angedeutet, was neuerdings Boldt als „pädagogisch-anthropologische Frage nach dem blinden Menschen“ kennzeichnet, die Forderung, daß der Blinde „zuallererst und wesentlich in seiner Menschlichkeit begriffen und in das pädagogische Denken hineingenommen werden soll“. Die Vertreter der hier als „Lernschul-Pädagogen“ umschriebenen Gruppe hält H. für strenge Anhänger des Pestalozzi’schen Anschauungsprinzips; diesem mißt der Autor jedoch nur eine geringe Bedeutung für die Blindenpädagogik bei. Er verkennt dann allerdings, daß auch Verfechter des anthropologischen Standpunkts die Anschauung an den Anfang allen Unterrichts stellen können, ja müssen da es sich hier im Grunde um ein methodisches Problem handelt.
  
-H. definiert „Anschaulichkeit“ als deutliche und klare Vorstellung, hauptsächlich durch Lichtwahrnehmungen erworben. Anschaulichkeit (besser „Antastlichkeit“) bei blinden Schülern muß folgerichtig durch intensive Schulung des Tastsinns gefördert werden (S. 5). So nur kann möglichste Übereinstimmung zum Sehenden geschaffen werden. Hierbei wird aber nach Meinung H.s mit einer allzu großen Identität von Gesichts- und Tastsinn gerechnet, was den tatsächlichen Gegebenheiten nicht entspricht. Größenverhältnisse können allein im Hand- oder Armtastraum richtig erkannt werden. Mit „Dorf, Stadt, Wiese, Wald“ verbindet der Sehende sogleich einen scharf umgrenzten Eindruck des Lichtsinns (das trifft nur teilweise zu!), der Blinde aber eine völlig unanschauliche („unantastliche”) Vorstellung. Der Nichtsehende mag noch so oft diese Dinge betastet haben, er vermag doch niemals zu behaupten, er habe sie durch den Tastsinn wahrgenommen, das heißt ein Gesamtbild perzipiert (S. 6). (Gegen diese fast dogmatischen Behauptungen erhebt die Blindenpädagogik berechtigte Einwände.) Auch Modelle sind nach H. meist von nur zweifelhaftem Wert, es sei denn, daß es sich um abstrakte Symbole für Richtungen oder Begrenzungen handelt. Weder der Sehende noch der Blinde reproduziert hier die Wirklichkeiten, sondern tatsächlich nur die Sinnbilder (S. 6/7). Bei vergrößernden oder verkleinernden Modellen traut H. keinem blinden Schüler genügend Raumphantasie zu, diese in die richtigen Verhältnisse zu transponieren. Eine ästhetische Betrachtung verringert noch mehr den Parallelismus von Gesicht und Haptik. Plastische Darstellungen sind daher für den Blinden wertlos. Was er erkennt, sind die Eigenschaften des Materials, die für das schauende Auge belanglos sind. Trotz größter Schulung der Hand bleibt die Grenze des Tastsinns eng. Der blinde Mensch wäre zu bedauern, wenn keine anderen Mittel zu seiner Ausbildung vorhanden wären (S. 8). Diese Möglichkeiten gibt es tatsächlich, wenn nämlich die dem Blinden eigenen Anlagen entwickelt werden, unabhängig davon, ob die Ergebnisse mit den Bildungsnormen der Sehenden übereinstimmen. H. verweist auf die schon genannten //Surrogatvorstellungen//. Mit diesen operiert der blinde Mensch so selbstverständlich, daß er geradezu eines geschärften Unterscheidungsvermögens bedarf, wenn er ihrer überhaupt bewußt werden soll. Der naive Blinde wird sie sogar für die Abbilder der Dinge selbst halten. Diese Surrogate genügen für die Anforderungen des praktischen Lebens und können daher auch vom Lehrer gebraucht werden (S. 9). Leider unterläßt es H., sein System auf dieser Grundlage umfassend auf- und auszubauen. Der „Anschaulichkeit“, oder Anschauung ist also im Unterricht nur geringes Gewicht beizulegen. Doch bemerkt H. ausdrücklich: „Freilich halte auch ich es für notwendig, daß die letzte Basis alles Denkens eine konkrete sei.“ Erfahrung bietet aber das tägliche Leben selbst, Erweiterung ist gelegentlich wichtig, besonders wenn es sich um Anfangsgründe eines Stoffes handelt (S. 10). Die ersparte Zeit verwende man dazu, dem Blinden eine um so größere „Fülle von Vorstellungen“ (Surrogatvorstellungen!) zuzuführen. Das vortreffliche Gedächtnis setzt ihn in den Stand, weit größere Mengen von Eindrücken aufzunehmen als der Sehende unter gleichen Umständen. Bei dieser Methode wird in reicherem Maße die Wißbegierde befriedigt, außerdem erleichtert sie das Verständnis für viele Vorgänge der Außenwelt und den Verkehr mit den Mitmenschen. Auch in sittlicher Hinsicht ergeben sich günstige Auswirkungen. Die gesamte geistige Kraft des Blinden konzentriert sich auf „eine geringe Zahl von Objekten, und die Intensität seines Seelenlebens wird dadurch ... erhöht “ (S. 11). Dieser Kraft muß nun durch „reiche intellektuelle Zufuhr“ ein Substrat geboten werden, an dem sie sich zu äußern vermag. Wo dagegen dieser Zufluß an Vorstellungen (Surrogatvorstellungen!) fehlt, erstirbt diese Energie in Stumpfsinn und Apathie, oder es entsteht eine innere Spannung, eine Sehnsucht ohne Ziel. H. ist überzeugt, daß sich auf seinen Elementen ein System der Blindenpädagogik errichten ließe; dieses System hätte sogar manchen Vorteil vor den bisherigen. Freilich komme seinen Ansichten zunächst nur der Wert subjektiver Überzeugung zu, sie basieren jedoch auf planmäßiger Selbstbeobachtung. Der Zweck sei erreicht, wenn die Abhandlung zur Diskussion anrege und zu einer Systematisierung der Blindenpädagogik als Wissenschaft beitrage. +H. definiert „Anschaulichkeit“ als deutliche und klare Vorstellung, hauptsächlich durch Lichtwahrnehmungen erworben. Anschaulichkeit (besser „Antastlichkeit“) bei blinden Schülern muß folgerichtig durch intensive Schulung des Tastsinns gefördert werden (S. 5). So nur kann möglichste Übereinstimmung zum Sehenden geschaffen werden. Hierbei wird aber nach Meinung H.s mit einer allzu großen Identität von Gesichts- und Tastsinn gerechnet, was den tatsächlichen Gegebenheiten nicht entspricht. Größenverhältnisse können allein im Hand- oder Armtastraum richtig erkannt werden. Mit „Dorf, Stadt, Wiese, Wald“ verbindet der Sehende sogleich einen scharf umgrenzten Eindruck des Lichtsinns (das trifft nur teilweise zu!), der Blinde aber eine völlig unanschauliche („unantastliche”) Vorstellung. Der Nichtsehende mag noch so oft diese Dinge betastet haben, er vermag doch niemals zu behaupten, er habe sie durch den Tastsinn wahrgenommen, das heißt ein Gesamtbild perzipiert (S. 6). (Gegen diese fast dogmatischen Behauptungen erhebt die Blindenpädagogik berechtigte Einwände.) Auch Modelle sind nach H. meist von nur zweifelhaftem Wert, es sei denn, daß es sich um abstrakte Symbole für Richtungen oder Begrenzungen handelt. Weder der Sehende noch der Blinde reproduziert hier die Wirklichkeiten, sondern tatsächlich nur die Sinnbilder (S. 6/7). Bei vergrößernden oder verkleinernden Modellen traut H. keinem blinden Schüler genügend Raumphantasie zu, diese in die richtigen Verhältnisse zu transponieren. Eine ästhetische Betrachtung verringert noch mehr den Parallelismus von Gesicht und Haptik. Plastische Darstellungen sind daher für den Blinden wertlos. Was er erkennt, sind die Eigenschaften des Materials, die für das schauende Auge belanglos sind. Trotz größter Schulung der Hand bleibt die Grenze des Tastsinns eng. Der blinde Mensch wäre zu bedauern, wenn keine anderen Mittel zu seiner Ausbildung vorhanden wären (S. 8). Diese Möglichkeiten gibt es tatsächlich, wenn nämlich die dem Blinden eigenen Anlagen entwickelt werden, unabhängig davon, ob die Ergebnisse mit den Bildungsnormen der Sehenden übereinstimmen. H. verweist auf die schon genannten //Surrogatvorstellungen//. Mit diesen operiert der blinde Mensch so selbstverständlich, daß er geradezu eines geschärften Unterscheidungsvermögens bedarf, wenn er ihrer überhaupt bewußt werden soll. Der naive Blinde wird sie sogar für die Abbilder der Dinge selbst halten. Diese Surrogate genügen für die Anforderungen des praktischen Lebens und können daher auch vom Lehrer gebraucht werden (S. 9). Leider unterläßt es H., sein System auf dieser Grundlage umfassend auf- und auszubauen. Der „Anschaulichkeit“, oder Anschauung ist also im Unterricht nur geringes Gewicht beizulegen. Doch bemerkt H. ausdrücklich: „Freilich halte auch ich es für notwendig, daß die letzte Basis alles Denkens eine konkrete sei.“ Erfahrung bietet aber das tägliche Leben selbst, Erweiterung ist gelegentlich wichtig, besonders wenn es sich um Anfangsgründe eines Stoffes handelt (S. 10). Die ersparte Zeit verwende man dazu, dem Blinden eine um so größere „Fülle von Vorstellungen“ (Surrogatvorstellungen!) zuzuführen. Das vortreffliche Gedächtnis setzt ihn in den Stand, weit größere Mengen von Eindrücken aufzunehmen als der Sehende unter gleichen Umständen. Bei dieser Methode wird in reicherem Maße die Wißbegierde befriedigt, außerdem erleichtert sie das Verständnis für viele Vorgänge der Außenwelt und den Verkehr mit den Mitmenschen. Auch in sittlicher Hinsicht ergeben sich günstige Auswirkungen. Die gesamte geistige Kraft des Blinden konzentriert sich auf „eine geringe Zahl von Objekten, und die Intensität seines Seelenlebens wird dadurch … erhöht “ (S. 11). Dieser Kraft muß nun durch „reiche intellektuelle Zufuhr“ ein Substrat geboten werden, an dem sie sich zu äußern vermag. Wo dagegen dieser Zufluß an Vorstellungen (Surrogatvorstellungen!) fehlt, erstirbt diese Energie in Stumpfsinn und Apathie, oder es entsteht eine innere Spannung, eine Sehnsucht ohne Ziel. H. ist überzeugt, daß sich auf seinen Elementen ein System der Blindenpädagogik errichten ließe; dieses System hätte sogar manchen Vorteil vor den bisherigen. Freilich komme seinen Ansichten zunächst nur der Wert subjektiver Überzeugung zu, sie basieren jedoch auf planmäßiger Selbstbeobachtung. Der Zweck sei erreicht, wenn die Abhandlung zur Diskussion anrege und zu einer Systematisierung der Blindenpädagogik als Wissenschaft beitrage. 
- +==== Kritik und Würdigung ====
-//Kritik und Würdigung//+
  
 Bevor die möglichen pädagogischen Folgerungen aus H.s Lehre erörtert werden, seien einige Stellungnahmen zu seinen Schriften aufgezeichnet. Die Hinweise erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, beweisen jedoch, daß der Wiener Pädagoge nicht ohne Echo blieb. Bevor die möglichen pädagogischen Folgerungen aus H.s Lehre erörtert werden, seien einige Stellungnahmen zu seinen Schriften aufgezeichnet. Die Hinweise erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, beweisen jedoch, daß der Wiener Pädagoge nicht ohne Echo blieb.
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 1899 bringt Lembcke eine Veröffentlichung im Blindenfreund, wo er die Ansichten H.s sachlich wiedergibt. Lembcke stellt fest, daß es sich nicht um einen Prinzipien-, sondern um einen Methodenstreit handelt. Seiner Meinung nach gibt es nicht zwei, sondern drei pädagogische Grundauffassungen, die anthropologische, teleologische und die methodologische. (Diese Klassifizierung wird übrigens heute nicht mehr anerkannt. Man muß vielmehr mit Lochner von einer „//Systematischen Pädagogik//“ – mit spekulativem, normativem und eher deduktivem Charakter – und einer selbständigen „//Erziehungswissenschaft//“ – der „erziehungswissenschaftlichen Wirklichkeitsforschung“ mit empirisch-induktiven Kennzeichen – sprechen. Dabei könnte man in H. vielleicht einen Vorläufer der letztgenannten Richtung sehen.) Lembcke meint, H. vertrete eine reine Intellektbildung und vernachlässige die Anschauung. Er fordert dagegen die Aneignung einer möglichst umfangreichen, innerlich geordneten und zusammenhängenden Masse klarer, deutlicher und leicht reproduzierbarer Vorstellungen und Begriffe; Surrogatvorstellungen sind sinnlich nicht zu vermitteln. Ein Kriterium der Blindenpädagogik ist für Lembcke die inhaltliche Anzahl der Vorstellungen beim Schüler. 1899 bringt Lembcke eine Veröffentlichung im Blindenfreund, wo er die Ansichten H.s sachlich wiedergibt. Lembcke stellt fest, daß es sich nicht um einen Prinzipien-, sondern um einen Methodenstreit handelt. Seiner Meinung nach gibt es nicht zwei, sondern drei pädagogische Grundauffassungen, die anthropologische, teleologische und die methodologische. (Diese Klassifizierung wird übrigens heute nicht mehr anerkannt. Man muß vielmehr mit Lochner von einer „//Systematischen Pädagogik//“ – mit spekulativem, normativem und eher deduktivem Charakter – und einer selbständigen „//Erziehungswissenschaft//“ – der „erziehungswissenschaftlichen Wirklichkeitsforschung“ mit empirisch-induktiven Kennzeichen – sprechen. Dabei könnte man in H. vielleicht einen Vorläufer der letztgenannten Richtung sehen.) Lembcke meint, H. vertrete eine reine Intellektbildung und vernachlässige die Anschauung. Er fordert dagegen die Aneignung einer möglichst umfangreichen, innerlich geordneten und zusammenhängenden Masse klarer, deutlicher und leicht reproduzierbarer Vorstellungen und Begriffe; Surrogatvorstellungen sind sinnlich nicht zu vermitteln. Ein Kriterium der Blindenpädagogik ist für Lembcke die inhaltliche Anzahl der Vorstellungen beim Schüler.
  
-Wenig später bringt Brandstaeter eine Erwiderung und Ergänzung zu diesen Ausführungen. Er macht den Versuch einer Rechtfertigung: Idealbildung und Menschenbildung seien im Grunde identisch. Überdies lehre die Geschichte der Blindenpädagogik, daß die Blinden selbst zu nützlichen Gliedern +Wenig später bringt Brandstaeter eine Erwiderung und Ergänzung zu diesen Ausführungen. Er macht den Versuch einer Rechtfertigung: Idealbildung und Menschenbildung seien im Grunde identisch. Überdies lehre die Geschichte der Blindenpädagogik, daß die Blinden selbst zu nützlichen Gliedern der menschlichen Gesellschaft erzogen werden wollen. Brandstaeter befaßt sich eingehend mit H.s Umschreibung der begabungsmäßigen „Anlagen“ einer Persönlichkeit. Nach Brandstaeter sind es alle im Menschen liegenden Möglichkeiten, nach H. ist es die durch die Blindheit bedingte Entwicklungsform und die daraus resultierende Beschränkung der Entfaltung. Er wendet ein, daß ein Blinder trotz der Möglichkeit Musiker zu werden, keine Anlagen hierzu haben kann, was eine intensive Ausbildung illusorisch machen würde. Brandstaeter bestreitet, von den blinden Schülern der Quantität und der Qualität nach nicht zu bewältigende Anschauungsaufgaben verlangt werden, und stellt fest, daß nicht nur die sehenden Blindenlehrer möglichst exakte haptische Erkenntnisse für erforderlich halten. In Wirklichkeit seien auch hierin immer die Blinden die Lehrmeister gewesen. Schließlich äußert sich der Verfasser noch zu H.s Surrogatvorstellungen:
-der menschlichen Gesellschaft erzogen werden wollen. Brandstaeter befaßt sich eingehend mit H.s Umschreibung der begabungsmäßigen „Anlagen“ einer Persönlichkeit. Nach Brandstaeter sind es alle im Menschen liegenden Möglichkeiten, nach H. ist es die durch die Blindheit bedingte Entwicklungsform und die daraus resultierende Beschränkung der Entfaltung. Er wendet ein, daß ein Blinder trotz der Möglichkeit Musiker zu werden, keine Anlagen hierzu haben kann, was eine intensive Ausbildung illusorisch machen würde. Brandstaeter bestreitet, von den blinden Schülern der Quantität und der Qualität nach nicht zu bewältigende Anschauungsaufgaben verlangt werden, und stellt fest, daß nicht nur die sehenden Blindenlehrer möglichst exakte haptische Erkenntnisse für erforderlich halten. In Wirklichkeit seien auch hierin immer die Blinden die Lehrmeister gewesen. Schließlich äußert sich der Verfasser noch zu H.s Surrogatvorstellungen:+
  
-a) +a) Die Bildung eines Begriffes ist bei Blinden und Sehenden gleich, wenn auch bei ersteren auf dürftigerer sinnlicher Basis (Kremer spricht später von einem schnelleren Übergang zu Allgemeinvorstellungen höherer Grade). Es ist daher fraglich, ob sich die Begriffe Blinder und Sehender so stark und grundsätzlich unterscheiden.
-Die Bildung eines Begriffes ist bei Blinden und Sehenden gleich, wenn auch bei ersteren auf dürftigerer sinnlicher Basis (Kremer spricht später von einem schnelleren Übergang zu Allgemeinvorstellungen höherer Grade). Es ist daher fraglich, ob sich die Begriffe Blinder und Sehender so stark und grundsätzlich unterscheiden.+
  
-b) +b) Vorstellungen ganz großer und ganz kleiner Dinge sind bei Sehenden ebenfalls unvollkommen.
-Vorstellungen ganz großer und ganz kleiner Dinge sind bei Sehenden ebenfalls unvollkommen.+
  
-c) +c) Der blinde Schüler besitzt ungenügende Vergleichsmöglichkeiten für seine Anschauung. Durch Modelle können tatsächlich falsche Vorstellungen erweckt werden.
-Der blinde Schüler besitzt ungenügende Vergleichsmöglichkeiten für seine Anschauung. Durch Modelle können tatsächlich falsche Vorstellungen erweckt werden.+
  
 Offensichtlich verkennt Brandstaeter teilweise die Bedeutung des Hitschmannschen Terminus. Die genetische Begriffsbildung vom Konkreten zum Abstrakten wurde von H. nicht untersucht. Surrogatvorstellungen gelten bei ihm als nicht eigentlich sinnlich erworben, sondern als exogene Komponenten. Sie sind die „ Assimilation” von etwas Fremdem, um das man wissen, das man aber nicht oder nur teilweise sensorisch erfahren kann. Sicher ist H. in dieser Hinsicht keine Verwechslung unterlaufen; er hat allenfalls, wie schon erwähnt, die Denkprozesse Sehender für allzu sehr optisch affiziert gehalten. Tatsächlich versteht er unter Surrogatvorstellungen das Wissen um etwas konkret-sinnlich nicht Erfahrbares, das also in Wirklichkeit nur ein Glauben oder Fürwahrhalten ist. Offensichtlich verkennt Brandstaeter teilweise die Bedeutung des Hitschmannschen Terminus. Die genetische Begriffsbildung vom Konkreten zum Abstrakten wurde von H. nicht untersucht. Surrogatvorstellungen gelten bei ihm als nicht eigentlich sinnlich erworben, sondern als exogene Komponenten. Sie sind die „ Assimilation” von etwas Fremdem, um das man wissen, das man aber nicht oder nur teilweise sensorisch erfahren kann. Sicher ist H. in dieser Hinsicht keine Verwechslung unterlaufen; er hat allenfalls, wie schon erwähnt, die Denkprozesse Sehender für allzu sehr optisch affiziert gehalten. Tatsächlich versteht er unter Surrogatvorstellungen das Wissen um etwas konkret-sinnlich nicht Erfahrbares, das also in Wirklichkeit nur ein Glauben oder Fürwahrhalten ist.
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 Diese Diskrepanz liegt dem Denken blinder Menschen zugrunde. Nur ein Teil ihrer Worte ist mit adäquaten Vorstellungsinhalten erfüllt (Vorstellungsarmut). Nicht selten richten sich die Vorstellungen nach der Sprache. Heller unterscheidet zwei Kategorien von Surrogatvorstellungen: Diese Diskrepanz liegt dem Denken blinder Menschen zugrunde. Nur ein Teil ihrer Worte ist mit adäquaten Vorstellungsinhalten erfüllt (Vorstellungsarmut). Nicht selten richten sich die Vorstellungen nach der Sprache. Heller unterscheidet zwei Kategorien von Surrogatvorstellungen:
  
-a) +a) //Vorstellungen von Raumverhältnissen// (adäquate Auffassungen sind hier möglich; dies wird nur von Wittman, v. Senden und Ahlfeid bestritten; wichtig sind hier die haptischen Erfahrungen).
-//Vorstellungen von Raumverhältnissen// (adäquate Auffassungen sind hier möglich; dies wird nur von Wittman, v. Senden und Ahlfeid bestritten; wichtig sind hier die haptischen Erfahrungen).+
  
-b) +b) //Vorstellung von Licht- und Farbverhältnissen// (inadäquat).
-//Vorstellung von Licht- und Farbverhältnissen// (inadäquat).+
  
 Erstere bezeichnet Heller als Surrogatvorstellungen I; er unterteilt sie nochmals in: Erstere bezeichnet Heller als Surrogatvorstellungen I; er unterteilt sie nochmals in:
  
-1. +1. //homologe Vorstellungen// (einfache, das heißt Tastvorstellungen).
-//homologe Vorstellungen// (einfache, das heißt Tastvorstellungen).+
  
-a) +a) subjektive (Körperhaltung),
-subjektive (Körperhaltung),+
  
-b) +b) objektive (Dingbezeichnung);
-objektive (Dingbezeichnung);+
  
-2. +2. //disparate Vorstellungen// (akustische und andere Vorstellungen, etwa die Stimme, Raumvorstellungen durch Geräusch; im allgemeinen völlig adäquat).
-//disparate Vorstellungen// (akustische und andere Vorstellungen, etwa die Stimme, Raumvorstellungen durch Geräusch; im allgemeinen völlig adäquat).+
  
 Surrogatvorstellungen I ergeben Anstöße zu apperzeptiven und assoziativen Beziehungen; sie sind teilweise Ersatz für den Ausfall direkter optischer Wahrnehmungen. Surrogatvorstellungen I ergeben Anstöße zu apperzeptiven und assoziativen Beziehungen; sie sind teilweise Ersatz für den Ausfall direkter optischer Wahrnehmungen.
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 Seitens der Sinnespsychologie, speziell der Haptik, liefert Révész die experimentelle Bestätigung H.s für die Kunsterfassung (Plastik) Blinder. Er erkennt im wesentlichen auch nur die Material- und Strukturerfassung durch den Tastsinn an. Subtile Differenzierungen sind danach allein dem Auge zugänglich. Durch v. Schumann wurde das Traumleben blinder Menschen genauer erforscht, wobei sehr viele Befragungsergebnisse herangezogen werden. In der Fülle der Literatur ist auch H. genannt. Schumann erklärt, das Träumen von Versen sei zeitbedingt, das heißt für die Spätromantik typisch. Dagegen gilt das Sprechen von Tieren als charakteristisch für Blindenträume. Diese Ansicht wurde hier bereits abgelehnt. Seitens der Sinnespsychologie, speziell der Haptik, liefert Révész die experimentelle Bestätigung H.s für die Kunsterfassung (Plastik) Blinder. Er erkennt im wesentlichen auch nur die Material- und Strukturerfassung durch den Tastsinn an. Subtile Differenzierungen sind danach allein dem Auge zugänglich. Durch v. Schumann wurde das Traumleben blinder Menschen genauer erforscht, wobei sehr viele Befragungsergebnisse herangezogen werden. In der Fülle der Literatur ist auch H. genannt. Schumann erklärt, das Träumen von Versen sei zeitbedingt, das heißt für die Spätromantik typisch. Dagegen gilt das Sprechen von Tieren als charakteristisch für Blindenträume. Diese Ansicht wurde hier bereits abgelehnt.
  
-Nachdem seit Lembcke hauptsächlich psychologische Stellungnahmen erfolgt waren, pädagogische Stimmen zu H. sich jedoch nur sporadisch (und dann negativ) geäußert hatten, fand der verkannte Autor eine überraschende und beachtenswerte Würdigung durch Garbe. Letzterer lehnt einen erzwungenen ParaIIeIismus von Gesicht und Tastsinn entschieden ab; der blinde Mensch muß in der ihm eigenen und gemäßen Weise erzogen werden. Sein Recht auf eigene, für ihn brauchbare Lebenstechnik ist nicht bestreitbar. Der Versuch, die Welt der Sehenden ins Tastbare zu übertragen, hat unverschiebbare Grenzen. Garbe erkennt den Wert der Surrogatvorstellungen ausdrücklich an – Gewisse Ausgleichung an H.s Methodik zeigt Garbe bereits in einem früheren Artikel im Blindenfreund. Dort behandelt er den (allerdings recht komplizierten) Chemieunterricht der Blindenschule. Dabei zieht der Autor zugleich wichtige und interessante grundsätzliche pädagogische Folgerungen. Garbe lehnt es als zu schwierig ab, die von den größten Denkern erschaffenen Kulturgüter „nachzudenken“, wie es zum Beispiel die Arbeitsschule fordert. Eher möglich und gleichzeitig viel wichtiger ist das „Nach-Denken“. Insofern verliert etwa im Chemieunterricht das Experiment seine ausschließliche Bedeutung: es ist nur eine Stufe der Untersuchung. „Die moderne Naturwissenschaft hat sich ausdrücklich bewußt gemacht, daß und Deuten einen größeren Teil in ihr ausmacht.“ „Dem Entfalten der Fragen, dem Durchdenken und dem Lernen gebührt der größte Teil des Unterrichts.“ Ähnliches fordert aber auch H., selbst wenn er dies nicht so präzis formuliert. Er erkennt ja die Anschauung als Basis an; von dieser Grundlage aus erfolgt durch Denken und Schließen die Schaffung weiterer Bezüge und Zusammenhänge. Insbesondere wird hierdurch der Übergang zu qualitativ anderen Ausgangsstrukturen (etwa dem optischen Bereich) ermöglicht.+Nachdem seit Lembcke hauptsächlich psychologische Stellungnahmen erfolgt waren, pädagogische Stimmen zu H. sich jedoch nur sporadisch (und dann negativ) geäußert hatten, fand der verkannte Autor eine überraschende und beachtenswerte Würdigung durch Garbe. Letzterer lehnt einen erzwungenen Parallelismus von Gesicht und Tastsinn entschieden ab; der blinde Mensch muß in der ihm eigenen und gemäßen Weise erzogen werden. Sein Recht auf eigene, für ihn brauchbare Lebenstechnik ist nicht bestreitbar. Der Versuch, die Welt der Sehenden ins Tastbare zu übertragen, hat unverschiebbare Grenzen. Garbe erkennt den Wert der Surrogatvorstellungen ausdrücklich an – Gewisse Ausgleichung an H.s Methodik zeigt Garbe bereits in einem früheren Artikel im Blindenfreund. Dort behandelt er den (allerdings recht komplizierten) Chemieunterricht der Blindenschule. Dabei zieht der Autor zugleich wichtige und interessante grundsätzliche pädagogische Folgerungen. Garbe lehnt es als zu schwierig ab, die von den größten Denkern erschaffenen Kulturgüter „nachzudenken“, wie es zum Beispiel die Arbeitsschule fordert. Eher möglich und gleichzeitig viel wichtiger ist das „Nach-Denken“. Insofern verliert etwa im Chemieunterricht das Experiment seine ausschließliche Bedeutung: es ist nur eine Stufe der Untersuchung. „Die moderne Naturwissenschaft hat sich ausdrücklich bewußt gemacht, daß und Deuten einen größeren Teil in ihr ausmacht.“ „Dem Entfalten der Fragen, dem Durchdenken und dem Lernen gebührt der größte Teil des Unterrichts.“ Ähnliches fordert aber auch H., selbst wenn er dies nicht so präzis formuliert. Er erkennt ja die Anschauung als Basis an; von dieser Grundlage aus erfolgt durch Denken und Schließen die Schaffung weiterer Bezüge und Zusammenhänge. Insbesondere wird hierdurch der Übergang zu qualitativ anderen Ausgangsstrukturen (etwa dem optischen Bereich) ermöglicht.
  
 Garbe beruft sich insbesondere auf Heimpel, der 1951 den Begriff des „exemplarischen Lernens“ prägte (Tübinger Resolution). Th. Wilhelm zitiert in seiner „Pädagogik der Gegenwart“ als einen der Kernsätze dieser Konzeption: „Ursprüngliche Phänomene der geistigen Welt können am Beispiel eines einzelnen, vom Schüler wirklich erfaßten Gegenstandes sichtbar werden.“ Der Ablehnung der Stoffanhäufung allgemein entspricht hier die gleichzeitige Ablehnung der Anschauungsüberhäufung in der Blindenschule. Wichtiger als die Fülle ist die Forderung, daß die Beispiele für den blinden Schüler voll erfaßbar sind und realen Bezug haben. Man kann hinzufügen: Wichtiger ist auch, daß der gleiche Gegenstand mehrfach vorhanden ist und tatsächlich jedem Kind zur Verfügung steht. Wenn dabei auch keine Identifizierung mit H. konstruiert werden soll, so ist doch eine gewisse Parallelität und teilweise Übereinstimmung unverkennbar. Garbe beruft sich insbesondere auf Heimpel, der 1951 den Begriff des „exemplarischen Lernens“ prägte (Tübinger Resolution). Th. Wilhelm zitiert in seiner „Pädagogik der Gegenwart“ als einen der Kernsätze dieser Konzeption: „Ursprüngliche Phänomene der geistigen Welt können am Beispiel eines einzelnen, vom Schüler wirklich erfaßten Gegenstandes sichtbar werden.“ Der Ablehnung der Stoffanhäufung allgemein entspricht hier die gleichzeitige Ablehnung der Anschauungsüberhäufung in der Blindenschule. Wichtiger als die Fülle ist die Forderung, daß die Beispiele für den blinden Schüler voll erfaßbar sind und realen Bezug haben. Man kann hinzufügen: Wichtiger ist auch, daß der gleiche Gegenstand mehrfach vorhanden ist und tatsächlich jedem Kind zur Verfügung steht. Wenn dabei auch keine Identifizierung mit H. konstruiert werden soll, so ist doch eine gewisse Parallelität und teilweise Übereinstimmung unverkennbar.
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 In jüngster Zeit findet H. noch bei Beermann eine positive Würdigung. Beermann erwähnt in diesem Zusammenhang die Tatsache, „daß vielfach gerade Schüler mit hohen Intelligenzleistungen beim Erwerb haptisch-dinglicher Kenntnisse versagten“. In jüngster Zeit findet H. noch bei Beermann eine positive Würdigung. Beermann erwähnt in diesem Zusammenhang die Tatsache, „daß vielfach gerade Schüler mit hohen Intelligenzleistungen beim Erwerb haptisch-dinglicher Kenntnisse versagten“.
  
-//Pädagogische Folgerungen//+==== Pädagogische Folgerungen ====
  
 Die bisherigen Ausführungen dürften bewiesen haben, daß eine Revision des Urteils über H. am Platze ist oder schon stattgefunden hat. Wollte man den in seiner Zeitepoche nicht verwurzelten Blindenlehrer von der pädagogischen Systematik oder Historie aus zu fassen versuchen, käme man in nicht geringe Verlegenheit. Seine Lehre enthält Elemente verschiedener Richtungen, auch und gerade der Lernschule mit ihrem Denkformalismus, deren Objektbezogenheit er an sich ablehnt. Mit der Arbeitsschule hat er den „anthropologischen Bezug“ gemeinsam. Freilich ist es fast auch nur dieses Wort, was gleich ist, wenn man beispielsweise die Darstellung Rössgers als Kriterium der Arbeitsschulbewegung betrachtet. Jedenfalls tritt aber bei ihm an Stelle der reformpädagogischen „Kindseinsgemäßheit“ die „Blindseinsgemäßheit“ in den Vordergrund, statt der manuell-schöpferischen Aktivität die geistige Beweglichkeit. Man kann H. individual- oder auch sozialpädagogisch eingestellt nennen. Alle diese Spekulationen sind jedoch zweitrangig. In erster Linie ist er methodisch und didaktisch zu begreifen. Das „Wie“ der Erziehung im Sinne der modernen Erziehungswissenschaft, nicht das „Warum“ oder „Wozu“ der philosophisch-spekulativen Pädagogik dürfte der entscheidende Prüfstein für H. sein. Es ist ungerecht, ihm zu unterstellen, er habe die Anschauung rundweg abgelehnt. Sie ist für ihn (und offenbar heute auch vielfach für die Allgemeinpädagogik) //Ausgangspunkt//, aber nicht Inhalt und Ziel des Unterrichts. Bloße Anschauung gilt ihm als nicht als fruchtloser Formalismus. Solche Einseitigkeit der Methodik, die Überbetonung des Materiellen, trägt in der Tat die Gefahr hypostatischer Fixierungen in sich, der dinglichen Vergegenständlichung um jeden Preis. Es kann dann zu Fehlleistungen kommen, die vielfach aus der Praxis bekannt sind. Die bisherigen Ausführungen dürften bewiesen haben, daß eine Revision des Urteils über H. am Platze ist oder schon stattgefunden hat. Wollte man den in seiner Zeitepoche nicht verwurzelten Blindenlehrer von der pädagogischen Systematik oder Historie aus zu fassen versuchen, käme man in nicht geringe Verlegenheit. Seine Lehre enthält Elemente verschiedener Richtungen, auch und gerade der Lernschule mit ihrem Denkformalismus, deren Objektbezogenheit er an sich ablehnt. Mit der Arbeitsschule hat er den „anthropologischen Bezug“ gemeinsam. Freilich ist es fast auch nur dieses Wort, was gleich ist, wenn man beispielsweise die Darstellung Rössgers als Kriterium der Arbeitsschulbewegung betrachtet. Jedenfalls tritt aber bei ihm an Stelle der reformpädagogischen „Kindseinsgemäßheit“ die „Blindseinsgemäßheit“ in den Vordergrund, statt der manuell-schöpferischen Aktivität die geistige Beweglichkeit. Man kann H. individual- oder auch sozialpädagogisch eingestellt nennen. Alle diese Spekulationen sind jedoch zweitrangig. In erster Linie ist er methodisch und didaktisch zu begreifen. Das „Wie“ der Erziehung im Sinne der modernen Erziehungswissenschaft, nicht das „Warum“ oder „Wozu“ der philosophisch-spekulativen Pädagogik dürfte der entscheidende Prüfstein für H. sein. Es ist ungerecht, ihm zu unterstellen, er habe die Anschauung rundweg abgelehnt. Sie ist für ihn (und offenbar heute auch vielfach für die Allgemeinpädagogik) //Ausgangspunkt//, aber nicht Inhalt und Ziel des Unterrichts. Bloße Anschauung gilt ihm als nicht als fruchtloser Formalismus. Solche Einseitigkeit der Methodik, die Überbetonung des Materiellen, trägt in der Tat die Gefahr hypostatischer Fixierungen in sich, der dinglichen Vergegenständlichung um jeden Preis. Es kann dann zu Fehlleistungen kommen, die vielfach aus der Praxis bekannt sind.
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 Die vorliegende Arbeit hat dargelegt, daß auch die Anschauung des Sehenden ständig mehr den konkreten Untergrund verliert. Surrogatvorstellungen treten immer stärker zum Vorschein. Gebilde wie Computer, Raumschiff, Düsenmotor, Molekularstruktur usw. sind selbst für den Experten nicht mehr „über-“ oder „durchschaubar“; in den Dimensionen des Sternenhimmels verliert die Optik ihre Gültigkeit. Das „Dogma“ von der Anschauung hat unter diesen Aspekten nur mehr relativen Wert. Zum Wissen um die letztliche Unbestimmbarkeit des Menschen tritt die Einsicht über die (von Blinden und Sehenden) nicht voll erkennbare Dingwelt. Doch erhält dadurch die geistige Welt wieder eine größere Relevanz. Bildung ist ein rationaler Vorgang: geistige Prozesse durchdringen das gesamte materielle Dasein. Haftenbleiben im nur Anschaulichen (oder „Antastlichen“) wäre ödester Materialismus und Iieße Gaben des blinden (aber auch des sehenden) Schülers verkümmern, würde ihn an einen nur begrenzten Erlebnisbereich fesseln. In dieser Richtung darf wohl Hs. Beitrag zur Pädagogik zu verstehen sein. Die vorliegende Arbeit hat dargelegt, daß auch die Anschauung des Sehenden ständig mehr den konkreten Untergrund verliert. Surrogatvorstellungen treten immer stärker zum Vorschein. Gebilde wie Computer, Raumschiff, Düsenmotor, Molekularstruktur usw. sind selbst für den Experten nicht mehr „über-“ oder „durchschaubar“; in den Dimensionen des Sternenhimmels verliert die Optik ihre Gültigkeit. Das „Dogma“ von der Anschauung hat unter diesen Aspekten nur mehr relativen Wert. Zum Wissen um die letztliche Unbestimmbarkeit des Menschen tritt die Einsicht über die (von Blinden und Sehenden) nicht voll erkennbare Dingwelt. Doch erhält dadurch die geistige Welt wieder eine größere Relevanz. Bildung ist ein rationaler Vorgang: geistige Prozesse durchdringen das gesamte materielle Dasein. Haftenbleiben im nur Anschaulichen (oder „Antastlichen“) wäre ödester Materialismus und Iieße Gaben des blinden (aber auch des sehenden) Schülers verkümmern, würde ihn an einen nur begrenzten Erlebnisbereich fesseln. In dieser Richtung darf wohl Hs. Beitrag zur Pädagogik zu verstehen sein.
  
-//Literaturverzeichnis//+==== Literaturverzeichnis ====
  
-Uwe Beermann: Erziehung von Sehbehinderten, Weinheim 1966, S. 61, 62. – +<font 12px/inherit;;inherit;;inherit>Uwe Beermann: Erziehung von Sehbehinderten, Weinheim 1966, S. 61, 62. – Werner Boldt: Die pädagogisch-anthropologische Frage nach dem blinden Menschen, in Blindenfreund 1965, S. 142 ff., S. 150. – A. Brandstaeter: in Blindenfreund 1899, S. 215 ff. und 1900, S. 10 ff. (Kritik und Erwiderung zu Lembcke.) – Karl Bürklen: Blindenpsychologie, Leipzig, 1924, S. 69 ff, S. 91, 193, 195, 196. – T. Cutsforth: The Blind in School and Society, New York, 1951. – Ernst Dorner: Die Bedeutung von Stimme und Sprechweise für die Persönlichkeitsdiagnose beim Blinden, Erlangen, 1946 (Dissertation). – Herbert Garbe: Grundlinien einer Theorie der Blindenpädagogik, Göttingen, 1959 (Dissertation), S. 31 f., 72. – Herbert Garbe: Chemieunterricht in der Blindenschule, in Blindenfreund 1955, S. 53 ff., 56, 57. – Theodor Heller: Studien zur Blindenpsychologie, Leipzig, 1904, S. 105, 122 ff. (Kap. V). – Friedrich Hitschmann: Über die Begründung einer Blindenpsychologie von einem Blinden, in Z. für Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 1892, 3, S. 388 ff. (Zitatstellen im Text). – Friedrich Hitschmann: Über das Traumleben des Blinden, in Z. für Psychol. und Physiol. der Sinnesorgane 1894, 7, S. 387 ff. (Zitatstellen im Text). - Friedrich Hitschmann: Der Blinde und die Kunst, in Vierteljahresschrift für wissensch. Philosophie, Leipzig, 1893, 17, S. 312 ff. (Zitatstellen im Text). – Friedrich Hitschmann: Über die Prinzipien der Blindenpädagogik, Langensalza, 1895 (Zitatstellen im Text). – David Katz. Der Aufbau der Tastwelt, Leipzig, 1925, S. 237, 265. – Johann Wilhelm Klein: Lehrbuch zum Unterricht der Blinden, Wien, 1919, S. 20 f. – Alois Kremer: Über den Einfluß des Blindseins auf das So-Sein des blinden Menschen, Düren, 1933, S. 34, 44. – Lembcke: in Blindenfreund 1899, S. 66 ff und 1902, S. 65 ff. (Rezension). – Rudolf Lochner: Deutsche Erziehungswissenschaft, Meisenheim, 1963, S. 426. – Alexander Mell: Handbuch des Blindenwesens, I/II, Wien-Leipzig, 1900, S. 611, 766. – Artur Peiser: Untersuchungen zur Psychologie der Blinden, in Untersuchungen zur Psychologie und Pädagogik, hrsg. von Narziß Ach, Göttingen, 1924, Bd. 4, H. 1, 2, S. 150. – Alfred Petzelt: Konzentration bei Blinden, Leipzig, 1925, S. 76 ff., S. 80, 83. – Gustav Révész: Die Formenwelt des Tastsinns, den Haag, 1938, Bd. I/II, Bd. II, S. 61. – Karl Rössger: Der Weg der Arbeitsschule, Leipzig, 1927. – Rudolf Sauter: Das Anschauungsprinzip als didaktischer Grundsatz, in Schulwarte, Stuttgart, 1968, 2 S. 89. – Wilhelm Steinberg: Die Raumwahrnehmung der Blinden, München, 1920, S. 50 f., 141, 145. – Wilhelm Steinberg: Hauptprobleme der Blindenpsychologie, Marburg, 1927, S. 32 ff. – Theodor Wilhelm: Pädagogik der Gegenwart, Stuttgart, 1959, S. 194, 307 ff. – Lothar Zahn: Das Problem der Anschauung, in Schulwarte, Stuttgart, 1968, 2, S. 77, 86. – Friedrich Zech: Erziehung und Unterricht der Blinden, Danzig, 1913, S. 31, 136 f. – Bei H. angegebene Literatur: A. Meinong: Gesammelte Abhandlungen I/II, Leipzig, 1914 (13, Auflage) (H. benutzte eine frühere Ausgabe). – K. Scherner: Das Leben des Traums, Berlin, 1861 (20. Aufl.). – J. Sully: Die Illusionen, Leipzig, 1884.</font>
-Werner Boldt: Die pädagogisch-anthropologische Frage nach dem blinden Menschen, in Blindenfreund 1965, S. 142 ff., S. 150. – A. Brandstaeter: in Blindenfreund 1899, S. 215 ff. und 1900, S. 10 ff. (Kritik und Erwiderung zu Lembcke.) – Karl Bürklen: Blindenpsychologie, Leipzig, 1924, S. 69 ff, S. 91, 193, 195, 196. – +
-T. Cutsforth: The Blind in School and Society, New York, 1951. – +
-Ernst Dorner: Die Bedeutung von Stimme und Sprechweise für die Persönlichkeitsdiagnose beim Blinden, Erlangen, 1946 (Dissertation). – Herbert Garbe: Grundlinien einer Theorie der Blindenpädagogik, Göttingen, 1959 (Dissertation), S. 31 f., 72. – Herbert Garbe: Chemieunterricht in der Blindenschule, in Blindenfreund 1955, S. 53 ff., 56, 57. – Theodor Heller: Studien zur Blindenpsychologie, Leipzig, 1904, S. 105, 122 ff. (Kap. V). – Friedrich Hitschmann: Über die Begründung einer Blindenpsychologie von einem Blinden, in Z. für Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 1892, 3, S. 388 ff. (Zitatstellen im Text). – Friedrich Hitschmann: Über das Traumleben des Blinden, in Z. für Psychol. und Physiol. der Sinnesorgane 1894, 7, S. 387 ff. (Zitatstellen im Text). - Friedrich Hitschmann: Der Blinde und die Kunst, in Vierteljahresschrift für wissensch. Philosophie, Leipzig, 1893, 17, S. 312 ff. (Zitatstellen im Text). – Friedrich Hitschmann: Über die Prinzipien der Blindenpädagogik, Langensalza, 1895 (Zitatstellen im Text). – David Katz. Der Aufbau der Tastwelt, Leipzig, 1925, S. 237, 265. – Johann Wilhelm Klein: Lehrbuch zum Unterricht der Blinden, Wien, 1919, S. 20 f. – Alois Kremer: Über den Einfluß des Blindseins auf das So-Sein des blinden Menschen, Düren, 1933, S. 34, 44. – Lembcke: in Blindenfreund 1899, S. 66 ff und 1902, S. 65 ff. (Rezension). – Rudolf Lochner: Deutsche Erziehungswissenschaft, Meisenheim, 1963, S. 426. – Alexander Mell: Handbuch des Blindenwesens, I/II, Wien-Leipzig, 1900, S. 611, 766. – Artur Peiser: Untersuchungen zur Psychologie der Blinden, in Untersuchungen zur Psychologie und Pädagogik, hrsg. von Narziß Ach, Göttingen, 1924, Bd. 4, H. 1, 2, S. 150. – Alfred Petzelt: Konzentration bei Blinden, Leipzig, 1925, S. 76 ff., S. 80, 83. – Gustav Révész: Die Formenwelt des Tastsinns, den Haag, 1938, Bd. I/II, Bd. II, S. 61. – Karl Rössger: Der Weg der Arbeitsschule, Leipzig, 1927. – Rudolf Sauter: Das Anschauungsprinzip als didaktischer Grundsatz, in Schulwarte, Stuttgart, 1968, 2 S. 89. – Wilhelm Steinberg: Die Raumwahrnehmung der Blinden, München, 1920, S. 50 f., 141, 145. – Wilhelm Steinberg: Hauptprobleme der Blindenpsychologie, Marburg, 1927, S. 32 ff. – Theodor Wilhelm: Pädagogik der Gegenwart, Stuttgart, 1959, S. 194, 307 ff. – Lothar Zahn: Das Problem der Anschauung, in Schulwarte, Stuttgart, 1968, 2, S. 77, 86. – Friedrich Zech: Erziehung und Unterricht der Blinden, Danzig, 1913, S. 31, 136 f. – Bei H. angegebene Literatur: A. Meinong: Gesammelte Abhandlungen I/II, Leipzig, 1914 (13, Auflage) (H. benutzte eine frühere Ausgabe). – K. Scherner: Das Leben des Traums, Berlin, 1861 (20. Aufl.). – J. Sully: Die Illusionen, Leipzig, 1884.+
  
  
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