Hitschmann, Friedrich: Aphorismen. In: Kürt, Camilla (Hrsg.): Wiener Hausfrauen-Zeitung, Nr. 23, S.206. Wien, 4. Juni 1893.
Online-Version: https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?aid=whz&datum=1893&page=210&size=45
Album der Poesie.
Aphorismen.
Bunte Raketen des Geistes, so nennt man die Witze mit Recht wohl,
Doch auch der Zuhörer spielt oft alle Farben dabei.
* * *
Was sollen uns die fremden Namen?
Das Wörtchen „Frau“ so einfach, schlicht,
Ist es nicht selbst schon ein Gedicht?
Wozu denn redet ihr von Damen?
* * *
Wem es gelungen ist, Liebe und Hass in der Brust zu ersticken,
Der ist vielleicht Philosoph, aber ein Mensch ist er nicht.
* * *
Wer zum erstenmal liebt, ist ein Gott, so sagt uns der Dichter;
Wer zum zweitenmal liebt, fügt er hinzu, ist ein Narr;
Wenn er zum erstenmal liebend ein Gott war, so frag' ich dagegen,
Wär' es nicht närrisch von ihm, ließ er's ein zweitesmal sein?
* * *
Was reden doch die Menschen immer nur
Von dem geheimen Walten der Natur?
Nein, die Natur verbirgt ihr Wirken nicht,
Sie offenbart es frei in Schall und Licht,
Und wenn der Mensch es doch nicht fassen kann,
So ist nur seine Dummheit schuld daran.
* * *
Warum so eifrig der Philister
Stets die Gesellschaft sucht?
Vor seiner eig'nen Leerheit ist er
Beständig auf der Flucht.
* * *
Sich selber zu erkennen such'
Der ernste Denker spät und früh.
Doch nur von diesem gilt der Spruch,
Bei Thoren lohnt es nicht der Müh'.
* * *
Nur wenig Auserwählten ist's gegeben
In stetem Gleichmaß voll sich auszuleben,
Und allen ihren Worten, Thaten, Blicken
Den Stempel ihres Wesens aufzudrücken.
Friedrich Hitschmann.