friedrich_hitschmann_-_gedankensplitter_1897
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===== Gedankensplitter. ===== | ===== Gedankensplitter. ===== | ||
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+ | Der starke Geist beherrscht das widrige Geschick,\\ | ||
+ | Allein auch seine Kraft lähmt nur zu oft das Glück. | ||
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+ | Dem Opium vergleich' | ||
+ | Sie tödtet, aber sanft und freundlich tödtet sie. | ||
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+ | So raffiniert ist unsere Genusssucht.\\ | ||
+ | Dass sie oft selbst im Schmerze noch Genuss sucht. | ||
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+ | Wer wollte nicht die Tugend loben,\\ | ||
+ | Doch wird sie jeder üben, nein.\\ | ||
+ | Sie sollte weniger erhoben\\ | ||
+ | Und lieber mehr in Übung sein. (Nach Lessing.) | ||
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+ | Das Los der Blumen ist verschieden: | ||
+ | Die eine blüht in stillem Frieden.\\ | ||
+ | Die andere stirbt in Lebenslust\\ | ||
+ | An eines schönen Mädchens Brust.\\ | ||
+ | Und eine dritte wird indessen\\ | ||
+ | Von einem blöden Schaf gefressen. | ||
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+ | Ist nicht das Auge des Weibes dem Kelche der Blume vergleichbar, | ||
+ | Eben die schönste verbirgt oft das verderblichste Gift. | ||
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+ | Jegliche Blume der Flur erfreut uns durch eig'ne Bedeutung, | ||
+ | Aber die Sense des Knechts wandelt sie alle in Heu. | ||
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+ | Nicht zu ertrotzen vermagst du die Gunst der unsterblichen Muse,\\ | ||
+ | Nur durch ergebenen Dienst rührst du ihr etwa das Herz. | ||
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+ | Der eine liebt die Taube, wenn sie frisch\\ | ||
+ | Die Lüfte in gewandtem Flug durchgleitet, | ||
+ | Der andere, wenn sie sorgsam zubereitet\\ | ||
+ | Als Leckerbissen prangt auf seinem Tisch. | ||
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+ | Wer nach dem Lohne seiner Tugend fragt,\\ | ||
+ | Hat ihr im Grund des Herzens schon entsagt. | ||
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+ | "Nur wer sich selbst hilft, dem hilft Gott." | ||
+ | Dies Sprichwort klang mir stets wie Spott,\\ | ||
+ | Denn wer ruft fremde Hilfe an,\\ | ||
+ | Wenn er sich selber helfen kann.\\ | ||
+ | Was hilft mir die Nothwendigkeit, | ||
+ | Die Allgemeinheit meiner Schmerzen, | ||
+ | Empfind' | ||
+ | Doch stets in meinem eigenen Herzen. | ||
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+ | F. Hitschmann. | ||
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